Die Sache mit den Stöckchen

und dem Darüberspringen ist ja besonders in den sozialen Netzwerken des merkelschen Neulandes zum Volkssport geworden. Aber auch die Altmedien nehmen begeistert daran teil, Parteien und Organisationen selbstverständlich auch.

Diese Woche war erneut eine gute Woche zum Stöckchenspringen.

Da nimmt also der Vizekanzler, ja der Sigmar Gabriel, an einer Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung in Dresden teil. Diese soll Pegida-Anhänger und Gegner zur Diskussion anhalten. Er redet dort (auch?) mit Pegida-Anhängern. Da haben wir also ein Stöckchen und springen los: „Gabriel redet mit Pegida!“ – aber sowas von pfui! Ausführen muss ich das nicht, aber ich habe auch ein Stöckchen gefunden. Gabriel sagt:

„Aber wenn ich offen bin: Alles kommt mir bekannt vor.“

n24 kommentiert: „Damit meinte er vor allem die grundsätzliche Unzufriedenheit mit der Politik in Deutschland.“, wenn ich jetzt über mein Stöckchen springe, dann mit der Frage:

„Wenn Sie das alles kennen, warum wollen Sie erst jetzt etwas dagegen tun oder zumindest darüber reden?“

Das Stöckchen „Bürokratiemonster“ wurde hingehalten und die CDU bis hin zu Angela Merkel sprang darüber. Die Aufzeichnungspflicht für die Arbeitszeit der Beschäftigten laut dem Mindestlohngesetz ist einigen Betrieben und Verbänden zu streng.

Na ja, die Dokumentation von Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Pausenzeiten und das auch noch für jeden Beschäftigten ist schon eine Herausforderung. Obwohl, wie haben die Firmen bis jetzt die Löhne und Gehälter errechnet. Ihr seht auch ich springe, wenn auch anders als Frau Merkel, über das Stöckchen. Die CDU will jedenfalls die Dokumentationspflicht nicht zur „bürokratischen Herausforderung“ (Merkel) werden lassen.

Über das Pegida-Stöckchen springt natürlich auch der Außenminister Steinmeier, er wird (welch Wunder) im Ausland ständig auf Pegida angesprochen. Der Artikel ist noch relativ neu, deshalb habe ich noch keine Erkenntnisse über Sprünge der Communitys, Steinmeier jedenfalls betont im Ausland immer wieder:

„Pegida spricht nicht für Deutschland!“

Das versteht sich eigentlich von selbst. Mein Sprung geht aber über das Stöckchen, welches er mir hier hin hält:

„Warum ziehen die Pegida-Organisatoren ausgerechnet mit dem Thema ‚Asyl‘ in den Kampf? Es ist eben einfacher, mit dem Schlagwort ‚Asyl‘ verunsicherte Menschen zu mobilisieren als mit komplizierten Themen wie fehlender Infrastruktur oder alternder Gesellschaft.“

Ja, warum nicht und warum werden diese „komplizierten Themen“ nicht von Seiten der Regierung in Angriff genommen und gelöst.

Jetzt habe ich vom Stöckchenspringen Wadenkrämpfe und höre auf.

Die Zitate stammen aus den verlinkten Artikeln im Absatz.

Steigende Arbeitslosigkeit

für die nächsten fünf Jahre wird von der International Labour Organization (ILO) mit dem neuer ILO-Bericht „World Employment and Social Outlook – Trends 2015“ (WESO) prognostiziert.

Ich kann mich hier leider nur auf die deutsche Presseinformation der ILO berufen, eine deutsche Version des gesamten Berichtes habe ich bis jetzt nicht gefunden. Die nachfolgenden Zitationen stammen aus der Pressemitteilung.

Ich bezweifle hier nicht die Wissenschaftlichkeit der Analyse, möchte allerdings einige Anmerkungen machen.

„Mehr als 61 Millionen Arbeitsplätze sind seit Beginn der globalen Krise 2008 weggefallen.Unsere Prognosen zeigen, dass die Arbeitslosigkeit global bis zum Ende der Dekade steigen wird. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt ist weltweit nicht überwunden und es gibt keinen Grund, in unseren Anstrengungen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ihrer Ursachen nachzulassen“, so ILO-Generaldirektor Guy Ryder.

Der Bezug auf die globale Krise 2008, also eine Finanzkrise, ist hier interessant. Es geht nicht darum, dass uns die Arbeit ausgeht – die bezahlte Lohnarbeit geht aus, weil niemand die erforderlichen Arbeiten bezahlen kann oder will.

Die zu erledigende Arbeit geht uns in Deutschland nicht aus, das sieht man deutlich in den Städten und Gemeinden und Ländern, am Zustand Verkehrsinfrastruktur (ich nenne hier wieder mal die Gehwege als Beispiel), an Schulen, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen – die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen.

Es ist zwar Geld da um in der Finanzkrise Banken zu retten, es ist aber kein Geld für die Bezahlung der Arbeitskräfte vorhanden, die gesellschaftlich relevante Arbeiten erledigen könnten.

Die ILO kritisiert in der Pressemitteilung die Einkommensunterschiede der Höchst- und Geringverdiener, allerdings auf globaler Ebene, was keine eindeutigen Rückschlüsse auf das Verhältnis in Deutschland zulässt. Das ist aber nicht so wichtig, vielmehr erscheint mir folgendes Zitat von Bedeutung zu sein:

„Andere Faktoren betreffen Veränderungen der Qualifikationsnachfrage. Auf globaler Ebene sind zwei Trends zu beobachten. Erstens steigt der Anteil niedrigqualifizierter Arbeit etwa im Bereich Sicherheit und spezifischer Arbeitsfelder in der Pflege und Betreuung. Zweitens steigt der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften, etwa auf dem Feld der elektronischen Datenverarbeitung oder im juristischen Bereich. Im Gegensatz zu diesen Zunahmen gehen Arbeitsplätze auf der mittleren Qualifikationsebene etwa im Bürobereich bei Buchhaltern und Büroangestellten zurück.“

Ich schrieb oben über Arbeiten die dringend zu erledigen sind. Ob nun die für deren Sanierung benötigten Pflasterer oder Steinsetzter oder für die anderen Aufgaben die LehrerInnen, die KindergärtnerInnen, und besonders das dringend benötigte Pflegepersonal – bei allen handelt es sich um qualifizierte Arbeitskräfte. Diese Qualifikationen sind in der mittleren bzw. höheren Qualifikationsebene einzuordnen. Auch für die Sicherheitsbranche und selbst die Reinigungsbranche trifft dies zu.

Wenn also die Nachfrage nur nach den niedrig qualifizierten Arbeitskräften besteht, dann bedeutet das einen Mangel an qualifizierten Stellen. Wer in einigen dieser Berufsgruppen nur noch niedrig qualifizierte Arbeitskräfte einzustellt, der fordert geradezu heraus, dass an der Qualifikation und somit an der Qualität gespart wird.

Der Wegfall von den in der Pressemitteilung genannten Buchhaltern und Büroangestellten ist die logische Folge der Computertechnik, die anderen vorstehend genannten Berufsgruppen werden im Gegensatz dazu nicht überflüssig.

Der Bedarf an den hochqualifizierten EDV-Spezialisten und Juristen mag durchaus bestehen, aber was nützen diese uns wenn die Infrastruktur zusammenbricht?

Mein Fazit:

Es wird Zeit, dass man die Arbeit in ihrer Gesamtheit nach der gesellschaftlichen Relevanz beurteilt. Die Infrastruktur der Städte, Gemeinden und Länder, das Bildungssystem, der Pflegebereich und andere wichtige Aufgaben dürfen nicht weiter durch Unterfinanzierung leiden.

Ein Hinweis am Rande:

Die Einkommens- und Vermögensunterschiede sollten natürlich abgebaut werden. Aber an die Vermögenden der Appell „Nehmt euch ein Beispiel an den Bürgern früherer Zeiten!“, die waren nicht perfekt aber sie taten etwas für ihre Kommune.

spruch

Reden wir über Meinungsfreiheit

„An dem Tag, an dem ich hier nicht mehr schreibe was ich denke, haben die Trolle und Überwacher gewonnen.“

Das habe ich heute getwittert, als Reaktion auf verschiedene Artikel die nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo über Provokationen durch Satire, Religionsfreiheit, Rücksicht auf die Meinung anderer und ähnliches veröffentlicht wurden.

Einleitend sei gesagt, dass ich den Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland uneingeschränkt vertrete.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Wobei natürlich die „allgemein zugänglichen Quellen“ (Abs.1) erweitert werden müssten und einige „Vorschriften der allgemeinen Gesetze“ (Abs.2) überarbeitungswürdig sind. Bei Absatz 3 bin ich mir nicht sicher, ob das Grundgesetz unzumutbare Einschränkungen trifft, die die Freiheit der Lehre einschränken.

Menschenverachtende, rassistische und ähnliche Meinungen sind weitestgehend durch die Einschränkungen im Absatz 2 von der Freiheit der Meinungsäußerung ausgeschlossen, um diese geht es mir nachfolgend nicht.

Freiheit luxemburgAber es geht mir hier um die Meinungsfreiheit, die Freiheit meiner Meinung und die Freiheit der Meinung der anderen.

Ich bin in einem Land aufgewachsen in dem die Meinungsfreiheit zwar propagiert wurde, aber nur solange sie sich im Rahmen der Meinung der führenden Partei bewegte. Im Klartext, ich konnte meine Meinung frei äußern – wenn sie den Parteidoktrin nicht widersprach.

Jetzt lebe ich in einem Staat der die Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz gewährleistet, was muss ich aber feststellen? Es gibt Menschen, Gruppen von Menschen, Organisationen und Parteien die von mir eine Selbstzensur verlangen. Ich soll eine Meinung äußern die ihnen genehm ist und dies in einer vorgegebenen Form. Was noch schlimmer ist: Ich soll mit den Andersdenkenden nicht reden, sie höchstens beschimpfen – weil diese eine falsche Meinung haben.

Das erinnert mich an meine Jugend in der das Westfernsehen und andere Westmedien verboten waren, wahrscheinlich waren diese infektiös. Ich hätte mich ja mit anderen Meinungen anstecken können.

Mein Blog-Motto ist nicht zufällig gewählt, ich vertrete die Meinungsfreiheit die auch dem politischen Gegner die Freiheit der Meinungsäußerung lässt. Und ich biete dem politischen Gegner den Dialog an, das klingt jetzt toller als es ist – es handelt sich meist um einzelne Menschen. Aber gerade die sind wichtig, die Einzelnen haben keine Dogmen, sie vertreten sie höchstens.

Wenn ich also in den letzten Tagen #jesuischarlie getwittert habe, dann ist das ein Bekenntnis zur Meinungs- und Pressefreiheit. Ich muss nicht jede Karikatur in Charlie Hebdo gut und passend finden – aber niemand darf Zensur oder Selbstzensur fordern. Das hält mich nicht davon ab zu sagen, dass mir einige der Karikaturen zu weit gehen.

Wer hat eigentlich behauptet, dass Demokratie und Meinungsfreiheit einfach sind? Gelesen habe ich das noch nie irgendwo, warum tun dann einige Menschen so? Sie tun so, als ob sie im Besitz der allein selig machenden Wahrheit sind und begeben sich, trotz ihres Bekenntnisses zur Demokratie, hin zum tiefsten Dogmatismus – zur Gesinnungsdiktatur.

Ich habe schon mehrfach geschrieben, dass sich junge Menschen und Zweifler oft von linken Parteien und Organisationen entfernen weil diese zu schnell mit Zuweisungen wie „rechtes Gedankengut“ oder sogar „Nazi“ bei der Hand sind. Das muss sich ändern und zwar schnell. Wenn wir mit diesen Menschen nicht reden, dann gehen sie dorthin wo sie einfache Antworten finden. Ehrlich gesagt, unsere Antworten sind doch nicht zu kompliziert um sie zu kommunizieren.

Soweit zu dem Teil, der sich mit den Trollen und der „nichtstaatlichen Zensur“ beschäftigt.

Der andere Teil, der den Staat betreffende, ist viel einfacher zu beschreiben. In den letzten Tagen wurden wieder Forderungen nach neuen und alten Maßnahmen zur Erhöhung der (gefühlten) Sicherheit laut. Das hat viel mit Meinungsfreiheit zu tun, wenn es auch vordergründig nicht so scheint. Wer mich, meine E-Mails, meine Post, meine Aktivitäten im social Media und anderes überwacht, der kann später diese auch verhindern oder eingrenzen. Außerdem versucht er mich zu einer Selbstzensur zu zwingen.

Wehret den Anfängen!

Bildquelle: https://twitter.com/Linksfraktion/status/554233656316006401