Das Kanzleramt warnt

nicht vor Ebola oder IS, nein es warnt die Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags und einige Redaktionen, wie SPON und netzpolitik. Die Verwarnung wird wegen, eindeutig so deutlich benannt, Geheimnisverrats ausgesprochen.

Im SPON-Artikel heißt es:

Das Bundeskanzleramt behält sich juristische Schritte vor, sollte es zu weiteren mutmaßlichen Leaks aus dem Ausschuss kommen.

Das wäre schon lustig zu nennen, wenn es nicht tragisch wäre.

Erinnern wir uns, Edward Snowden hat als Whistleblower (nach Kanzleramt also Verräter) Dokumente der NSA geleakt, die erst zum NSA-Untersuchungsausschuss führten.

Dieser Ausschuss beschäftigt sich also mit Ergebnissen die aus geleakten, sprich durch Geheimnisverrat bekannt gewordenen, Dokumenten gewonnen wurden. Ohne diese würde es den Ausschuss nicht geben.

Ohne Jurist zu sein, sehe ich in der Warnung des Kanzleramtes die eindeutige Nachricht:

Geheimnisverrat ist strafbar!

Fazit: Edward, tu Dir den Gefallen und komm nicht hier her!

P.S. Ihr könnt jetzt aufhören die Bundesregierung wegen „Asyl für Snowden“ anzuschreiben.

Öttinger und der Sexismusvorwurf

Ich habe mit großem Interesse und noch größerem Unverständnis die Diskussion um die Aussage unseres EU-Kommissars für „digitale Wirtschaft und Gesellschaft“ verfolgt. Es ging um seine Aussage zu den Nacktbildern prominenter Menschen, die ohne Willen der Betroffenen veröffentlicht wurden. Sie lautete:

„Wer so blöd ist, und als Promi ein Nacktfoto von sich selbst macht und ins Netz stellt, hat doch nicht von uns zu erwarten, dass wir ihn schützen! Also, vor Dummheit kann man die Menschen auch nicht – oder nur eingeschränkt – bewahren.“

Julia Reda, EU-Parlamentarierin der Piraten, bringt es auf den Punkt, sie wirft Öttinger Sexismus vor. Ich gehe hier nicht auf die Vorwürfe und die Diskussion ein, wer will kann das selbst nachlesen.

Sexismus ist ein harter Vorwurf, er trifft m. E. nach nicht den Kern der Sache.

Klar hat es etwas mit Sex zu tun, aber nur am Rande. Mit dem Aufreger stellt Öttinger die Weichen für die zukünftige Ausübung seines Amtes. Diese wird dann wohl wie folgt klingen:

„Wer so blöd ist, Daten ins Netz zu stellen oder überhaupt das Internet zu nutzen, hat doch nicht von uns zu erwarten, dass wir ihn schützen! Also, vor Dummheit kann man die Menschen auch nicht – oder nur eingeschränkt – bewahren.“

Die Aussage ist dann nicht sexistisch, wird sie dadurch besser?

Wenn der EU-Kommissars für „digitale Wirtschaft und Gesellschaft“ so denkt, dann kann ich nur sagen:

„Günther, mir graut vor Dir!“

P.S. Ich bin mit Günther Öttinger nicht per Du, aber ein Sie in dem Ausspruch zu verwenden geht nicht.

Die unsägliche Dummheit der Diskussion um den Unrechtsstaat

zieht sich zur Zeit quer durch Medien, Parteien und soziale Netzwerke. Zeit für mich, als Bürger der ehemaligen DDR, auch Position zu beziehen. Ich stelle mir die Frage: Warum wird jetzt darüber diskutiert?

Mein Lektor würde mich geißeln für den Einstieg, weil ich als Erstes sage worum es mir nicht geht. Weder bin ich Jurist – meine rechtlichen Feststellungen beruhen auf dem eigenen Rechtsempfinden, noch habe ich eine tief schürfende Analyse des Problems vorgenommen – die Apologeten des Unrechtsstaates haben das aber auch nicht getan. Wichtig ist es mir zu erwähnen, dass ich nicht der Partei „Die Linke“ angehöre.

Was ist ein Unrechtsstaat?

1. Variante: Ein Staat der nicht rechtmäßig gegründet wurde. Das gilt im Falle der DDR nicht. Wäre die Gründung der DDR unrechtmäßig gewesen, dann gälte das auch für die Gründung der alten Bundesrepublik. Beider Gründung beruhte auf dem Recht der Siegermächte des 2. Weltkrieges und dem geltenden Recht in den Besatzungszonen. Ergo – kein Unrechtsstaat!

2. Variante: Ein Staat der kein Rechtssystem hat. Wäre das so gewesen, dann hätte kein Urteil aus DDR-Zeiten, z.B. im Strafrecht, nach der Vereinigung Bestand haben dürfen. Dem ist aber nicht so, viele Anträge auf Wiederaufnahme wurden von den Gerichten der neuen Bundesrepublik abgelehnt – wegen Rechtmäßigkeit des Urteils und des Verfahrens.

3. Variante: Ein Staat in dem von Seiten des Staates Unrecht an den Bürgern verübt wurde. Hier wird es kompliziert – Unrecht hat hier nichts mit der juristischen Kategorie des Rechts zu tun. Es geht um eine moralische Betrachtung. Die Ausreisebeschränkungen waren ja durch Gesetze, also juristisch, legitimiert. Man müsste bei dieser Variante allerdings „überwiegend Unrecht getan wurde“ als Abgrenzung zur alten Bundesrepublik verwenden. Auch in dieser wurde ja Bürgern von Staates Seite Unrecht getan und dieses moralische Unrecht war juristisch legitim.*

Nun soll sich also die Partei „Die Linke“, besonders der Teil der aus der PDS stammt, dazu bekennen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war.

Warum eigentlich und warum jetzt?

Ein Vierteljahrhundert nach dem faktischen Ende der SED-Herrschaft in der DDR hat die Partei „Die Linke“ es geschafft sich als Partei in der neuen Bundesrepublik zu etablieren. Ihr Frontmann Gregor Gysi ist, trotz aller Stasi-Vorwürfe, parteiübergreifend der charismatischste und erfolgreichste Redner im Bundestag, wenn man die Bürger fragt. Die Partei „Die Linke“ hat es sogar geschafft in Thüringen zweitstärkste Partei zu werden, somit ist dort eine Regierung ohne CDU nur unter Dominanz der Partei „Die Linke“ möglich. Ein Thüringer Ministerpräsident, zwar ohne DDR-Vergangenheit, der aus einer Partei stammt die zum Teil Nachfolger der SED ist.

Dem muss man einen Riegel vorschieben – mit einer normalerweise unerfüllbaren Forderung.

Die Partei „Die Linke“ soll bekennen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war.

Wenn sie dies nicht macht, dann ist sie angeblich nicht legitimiert in einer parlamentarischen Demokratie Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Was sagt die Partei „Die Linke“ zur DDR?

In den „Fragen und Antworten zur Auseinandersetzung mit der Geschichte“ klingt das so:

Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik war der legitime Versuch, nach dem alliierten Sieg über Nazi-Deutschland ein Wiedererstarken sozialer Antriebskräfte des Nationalsozialismus zu verhindern – Stichworte hierfür sind die Bodenreform und die Zerschlagung des Großkapitals – und einen sozialistischen Staat auf deutschem Boden aufzubauen. Dieser Versuch ist gescheitert. Dazu führten nicht nur die äußeren Bedingungen wie Blockkonfrontation und Kalter Krieg. Misslingen musste dieser Versuch vor allem aus inneren Gründen: wegen eines eklatanten Mangels an Demokratie und Missachtung elementarer Bürgerrechte, wegen des grundsätzlichen Misstrauens des Staatsapparates gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und, schließlich, wegen der mangelhaften Fähigkeit des Wirtschaftssystems, den Konsumbedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden.

Zusammenfassend kann ich hier feststellen, wer dem ehemaligen Staat einen eklatanten Mangel an Demokratie und Missachtung elementarer Bürgerrechte bescheinigt, der ist in der Demokratie willkommen.

Nochmal die Frage: Warum die Forderung nach dem Bekenntnis zum Unrechtsstaat?

Mit diesem Bekenntnis würde die Partei „Die Linke“ ihre eigene Existenz in Frage stellen. Als Nachfolger der SED wäre die ehemalige PDS unrechtmäßig entstanden, die Partei „Die Linke“ somit auch.

Die Existenz der DDR wurde von DDR-Bürgern beendet. Diese wollten nicht in erster Linie eine Vereinigung mit der alten Bundesrepublik, sie akzeptierten diese aber als logische Konsequenz. Noch heute ist es für einige Menschen unerträglich, dass diese ehemaligen DDR-BürgerInnen aufrechten Hauptes und mit eigenen Vorstellungen in das vereinigte Deutschland eingetreten sind und an der Gestaltung dieser Gesellschaft aktiv teilnehmen wollen.

Da käme ein Bekenntnis, dass man einen wichtigen Teil seiner politischen und persönlichen Prägung in einem Unrechtsstaat erfahren hat, den politischen Konkurrenten zu gute.

Meiner Meinung nach ist die Diskreditierung der Partei „Die Linke“ und der im linken Spektrum politisch aktiven ehemaligen DDR-BürgerInnen der einzige Grund für die Forderung des Bekenntnisses zum Unrechtsstaat DDR.

Es bleibt ja nicht bei der Partei „Die Linke“. Jeder Mensch der bereits in der DDR politisch, nicht als sogenannter Dissident, tätig war hat sich, nach dieser Meinung, am Unrechtsstaat beteiligt. Ändern kann er sich nicht, das haben wir an der Auswertung der BstU-Anfragen bemerkt. Es sollte aber bedacht werden, dass ein nicht unerheblicher Teil der Montagsdemonstranten vorher durchaus systemkonform gelebt und gehandelt hat, viele waren sogar Mitglieder der SED. Bis zu dem Zeitpunkt als sie erkannten was in dem Staat DDR verändert werden musste, waren sie staatstragend und bejahten die Diktatur des Proletariats unter Führung der SED.

Für viele Menschen sind aber ein paar Vorzeigeexemplare der ehemaligen DDR wie Merkel und Gauck genug.

Die Folgerung, dass die Partei „Die Linke“, zumindest der PDS-Anteil, aufgrund ihrer Vergangenheit, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht würde dann vielleicht sogar einen neuen Radikalenerlass rechtfertigen.

Die Diskussion ob die DDR ein Unrechtsstaat war ist unnötig und die jetzt geführte Diskussion ob sich die Partei „Die Linke“ dazu bekennen soll ist einfach dumm.

Diese Diskussion führt nur zu einer weiteren Zementierung der Spaltung zwischen den Menschen in der neuen Bundesrepublik und zwischen den, westlichen – aus einem Rechtsstaat stammenden und östlichen – Abkömmlinge eines Unrechtsstaats, Mitgliedern der Partei „Die Linke“.

Es wird Zeit damit aufzuhören – Geschichtsaufarbeitung geht anders und besser.

Merke: Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte und des Unrechts in der DDR ist erforderlich und richtig. Die Instrumentalisierung um eine ungewollte Partei loszuwerden ist bestenfalls peinlich.

P.S. Ich bestreite nicht, dass in der DDR gesetzlich legitimiertes Unrecht geschehen ist. Die Rechtsprechung war politisch beeinflusst und das Regierungssystem war diktatorisch. Der Inhalt des Artikels stellt einzig die Frage „Warum jetzt?“

* Auch wenn die Bezeichnung Unrechtsstaat in Bezug auf die DDR oft gebraucht wird, das NS-Regime wurde zuerst als solches bezeichnet. Trotzdem galten nach NS-Recht verurteilte Deserteure auch in der Bundesrepublik als vorbestraft. Z.B. Erhard Stenzel wurde erst im Jahre 2002 offiziell rehabilitiert.