„Dummheit kann tödlich sein“

So überschreibt Reinhard Mohr, ein Altlinker, seinen Artikel* in der WELT, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Artikel von Wilhelm Ahrendt in „der Freitag“ vom 31.08.2014. Sosehr ich die Aussage der Überschrift befürworte, Herr Mohr und ich haben verschiedene Auffassungen davon, wie sich „Dummheit“ manifestiert. Der Mohrsche Artikel strotzt vor haltlosen Verallgemeinerungen, populistischen Tiraden und nationalistischen Sentenzen im bester sarrazinscher Manier. Das wäre nicht so schlimm, wenn nicht ein Print- und Online-Medium mit großer Verbreitung diesen Ausbund an Verstößen gegen journalistische Standards verbreiten würde. Ein Indiz für seine These sind die vielen zustimmenden Kommentare, unter anderem in den sozialen Netzwerken.

Herr Mohr hat erkannt, dass wir auf eine Massenverblödung zusteuern. Ich frage mich allerdings, warum er seine Leser noch auf dem Weg dorthin unterstützt.

Den Artikel beginnt Herr Mohr mit einer Betrachtung zum Geschichtswissen der jungen Deutschen und führte sofort zu seinem Hauptthema – den Migranten, besonders denen aus islamischen Ländern. Hier holt er sich den ‚Forschungsverbund SED-Staat‘, Heinz Buschkowsky und Rüdiger Dammann als Autoritäten ins Boot. Gemeinsam mit diesen beklagt Herr Mohr die mangelnde Sprachkenntnis und das geringe historische Wissen bei Kindern und Jugendlichen.

Wenn man so pauschal den Bildungsstand der deutschen Jugend analysiert, dann können sich natürlich Fehler einschleichen oder sie werden bewusst eingefügt. Zwei Beispiele :

Beispiel 1: Unter der Überschrift „40 Prozent der Migranten bewerten NS-Staat positiv oder neutral“* zitiert Herr Mohr später: „Keinen Zweifel am totalitären Charakter des Nationalsozialismus hat nur gut jeder zweite,…“*, bezogen auf alle Jugendlichen. Hier stellt sich mir die Frage: Sind die 40% der Migranten der Skandal oder sind es die 50% der gesamten Jugendlichen, die Zweifel am totalitären Charakter des NS-Staates haben? Die Überschrift polarisiert und dramatisiert – gegen die Migranten. Er spielt bewusst mit den Zahlen.

Beispiel 2: Auch wenn Herr Mohr biblische Geschichten als Eigentum des „christlichen Abendlandes“ deklariert, spielt er mit Fakten. Unter der Überschrift „Jakob und Esau? Kommt aus dem Koran“* täuscht Mohr den Leser bewusst. Dieser Ausruf eines muslimischen Kindes ist kein Zeichen von Dummheit wie Herr Mohr behauptet, sondern er zeigt, dass es seine Religion kennt. Judentum, Christentum und der Islam kennen die Geschichte von Jakob (im Islam Yaʿqūb), von dessen Bruder und von dem Linsengericht. Auch die Geschichten um David, Goliath und Saul – der gesamte alttestamentarische Kanon – sind Inhalt aller drei Religionen. Es verwundert mich nicht, dass ein muslimisches Kind aufsteht und ruft: „Das steht im Koran!“

Dammanns zitierte Aussage Alles, was wir Allgemeinbildung nennen, ist eine einzige Katastrophe„* teile ich. Ich denke aber, dass wir Allgemeinbildung anders definieren sollten als Herr Mohr, denn ich habe eine andere Auffassung von Allgemeinbildung und von Geschichte.

Wenn Herr Mohr von Geschichte spricht, welche Schüler lernen und verinnerlichen sollen, dann meint er den traditionellen deutschen Geschichtsunterricht. Sicher ist auch das Schuld- und Verantwortungsbewusstsein der deutschen Nation wegen der Verbrechen des Nationalsozialismus gemeint. Kinder von Migranten fragen „Was haben wir mit eurer Geschichte zu tun?„*, weil sie das Schuld- und Verantwortungsbewusstsein nicht teilen können. Es ist nicht Bestandteil ihrer Geschichte.

Herr Mohr zitiert in diesem Abschnitt Heinz Buschkowsky:

„Da steht doch ein Lehrer auf verlorenem Posten, wenn er von den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis erzählt, in denen Millionen Juden umgebracht wurden. Die harmloseste Reaktion von zumeist muslimischen Migrantenkindern ist demonstratives Desinteresse. Manchmal wird’s auch heftig und nicht zitierfähig.“*

Entsteht die geschilderte Situation vielleicht aus der Art der Erzählung oder daraus, dass sich die Schilderung auf die Massenmorde an den Juden beschränkt? Oder entsteht sie weil diese Schilderung darauf zugeschnitten ist bei deutschen Kindern ein Schuld- und Verantwortungsbewusstsein zu wecken? Diese Art der Geschichtsaufbereitung ist für Kinder mit Migrationshintergrund schwer zu begreifen.

Es ist durchaus möglich, dass ein muslimisches palästinensisches Kind Mitgefühl mit jüdischen Kindern in deutschen Konzentrationslagern empfindet. Gerade weil es Geschichten von Kindern in Flüchtlingslagern aus seiner Familien-Geschichte kennt, kann es das Leid nachvollziehen. Wenn die altersgerechte Schilderung der Massenmorde in den Konzentrationslagern** nicht dazu führt, dass diese Verbrechen von allen Schülern als solche erkannt werden, dann läuft in der Schule vieles verkehrt. Das ist allerdings nicht die Schuld der Kinder oder ihrer Eltern.

Neben der Geschichte betrachtet Herr Mohr die Sprachkenntnisse der Schüler. Wenn Kinder und Jugendliche schlecht sprechen, ist für ihn die Ursache klar: Die Migranten sind schuld. Es gibt aber Kiezdeutsch, Dialekte und Jugendsprache auch ohne Migranten. Diese Sprachformen existieren auch in Gebieten mit geringem Anteil von Migranten an der Gesamtbevölkerung. Wichtig ist doch, dass außer der Kiezsprache auch die Hochsprache gesprochen wird. Viele Jugendliche, ob Migranten oder nicht, die mit ihren Freunden Kiezdeutsch sprechen, beherrschen auch mindestens die deutsche Umgangssprache.

Herr Mohr verwendet in diesem Zusammenhang die Zwischenüberschrift „Hartz-IV-Karrieren durch mangelhaftes Deutsch“*. Diese Formulierung lässt den Schluss zu, dass gutes Deutsch eine Hartz-IV-Karriere vermeidet. Es gibt aber hochgebildete und sprachgewandte Menschen mit Hartz-IV-Karrieren. Ebenso gibt es Menschen, die trotz mangelhaftem Deutsch eine Anstellung haben und teils gut verdienen. Wo ist also der Sinn in diesem Abschnitt? Wahrscheinlich ist „Geh isch Aldi, du Ramadan„* die Kernaussage, also ein weiteres Vorurteil gegen Migranten.

Was läuft falsch in den Schulen, wenn Schüler die Deutsche Sprache und Geschichte nicht lernen?

Ich denke, es wird Zeit, im Unterricht neue Wege zu gehen. Die steigende Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund und von Kindern, die das Sprechen durch Medienkonsum lernen, stellt uns vor neue Herausforderungen. Schließlich beklagen LehrerInnen nicht nur bei Kindern mit Migrationshintergund die „Sprachlosigkeit“*** im Unterricht. Sie meinen mit Sprachlosigkeit nicht nur die mangelnde Sprachkenntnis, sondern dass die Kinder einfach nichts sagen. Warum sagen sie nichts?

Vielleicht fehlt ihnen Vertrauen zu den LehrerInnen, zu den MitschülerInnen und zur Schule. Um eigene Gedanken in mündlicher und schriftlicher Form gegenüber anderen Menschen zu artikulieren, braucht ein Kind Vertrauen zu diesen Menschen. Gerade dann, wenn es seine Geschichten erzählen soll, muss es sich sicher sein, dass die anderen Kinder es nicht auslachen und die Lehrer diese Geschichten nicht als Unsinn abtun. Letzteres ist oft der Fall, wenn Geschichten die das Kind kennt nicht mit dem Lehrstoff des Geschichtsunterrichts übereinstimmen.

Unsere Kinder, ob nun deutsche oder mit Migrationshintergrund, wachsen meist mit Geschichten auf, die in ihrem Umfeld erzählt werden. Diese Geschichten werden abhängig vom kulturellen Hintergrund und Bildungsstand der Erzähler unterschiedlich vorgetragen. Wichtig für das Kind ist, sie werden von Menschen erzählt denen es vertraut. Die hochgebildeten deutschen Eltern, die ungebildeten Eltern und die Eltern aus anderen Kulturkreisen unabhängig vom Bildungsstand erzählen Geschichten teilweise grundlegend unterschiedlich. Die Eltern der ersten Gruppe erzählen bereits dem Kleinkind gesellschaftlich konforme Geschichten, unter anderem sprachlich entschärfte Märchen, um ihm das spätere schulische Leben zu erleichtern. Kinder, die aus anderen Kulturkreisen stammen, besonders die in traditionellen muslimischen Familien aufgewachsenen, hören dagegen viele Geschichten aus der Geschichte. Ganz gleich, ob es um Familien-Geschichte, die Geschichte des Islam oder um Geschichten von Flucht, Vertreibung und Bürgerkrieg geht, diese Geschichten prägen ihr Geschichtsbild. Den Kindern fehlt nicht das Geschichtsbewusstsein. Es unterscheidet sich von unserem.

Wir müssen also weg von einer deutschen Interpretation der Geschichte im Unterricht.

In der Schule wird das Kind zum Schüler und lernt Geschichte, die anders ist als die Geschichten der Vertrauenspersonen. Was passiert dort wirklich? Wird ihnen eine Begründung gegeben warum das so ist?

Das Dilemma beginnt in der Grundschule. Dort lernen Schüler die grundlegenden Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Sie lernen auch das „Lernen“. Das schulische Lernen ist als Wissenserwerb ausgelegt, ich nenne es „Auswendig-Lernen“. Sie lernen, dass Buchstaben, Zahlen, Sprache und auch Geschichte Fakten sind, die nicht diskutiert werden. Auf dieser Grundlage wird der weitere Unterricht aufgebaut. Lernen sie aber auch das Denken in den Formen des Durchdenkens, des Nachdenkens und des kritischen Denkens?

Ein Ansatz zum kritischen Denkens wäre, wenn mit den Schülern spielerisch Antworten auf die Frage „Warum soll ich das lernen?“ erarbeitet werden. Wenn Lehrer und Schüler gemeinsam spielerisch die Themen Sprache, Schrift und Geschichte durchdenken. Was wäre passiert, wenn die Menschen keine gemeinsame Sprache für ihre Gruppe entwickelt hätten und wenn sie keine Schrift erfunden hätten um ihre Geschichten und ihr Wissen festzuhalten? Dieses Spiel wird dem Lernwillen förderlicher sein als eine schlechte Zensur.

Schüler sollten im Unterricht ihre gehörten und erlebten Geschichten austauschen, gemeinsam durchdenken und diskutieren. Es geht dabei nicht um ein festgelegtes Ziel, sondern darum, denken und kommunizieren zu lernen. Lehrer und Lehrerinnen sollen das Erzählen und Diskutieren nicht in erster Linie auf ein Ergebnis zu führen, sie sollen den Prozess begleiten. Wir könnten damit eines der wichtigsten Probleme, die Sprachlosigkeit der Schüler im Unterricht, zumindest teilweise lösen. Schüler die erzählen und diskutieren lernen besser sprechen. Wer erzählt – der versucht sich verständlich auszudrücken. Wer erzählt – der will verstanden werden. Wer auf Deutsch erzählt – der bemüht sich um ein verständliches Deutsch.

Schüler die ihre Geschichten im Unterricht erzählen und diskutieren, das wird wahrscheinlich Gegner finden. Diese Erzählungen zerstören den „Schutzraum Grundschule“**** in dem die Schüler, behütet vor allem Bösen, grundlegende Fertigkeiten lernen sollen. Böse Geschichten werden vor allem Schüler mit Migrationshintergrund erzählen. Deren Geschichten handeln von Krieg, Vertreibung, Flucht, Hunger, Tod und sie haben einen anderen kulturellen Hintergrund. Sie beschreiben die Realität eines großen Teils der Welt. In unserem behüteten Teil wollen viele Eltern, Lehrer und Lehrerinnen diese Geschichten ihren Kindern nicht zumuten.

Wer führt uns in die in dem Artikel postulierte „Massenverblödung“ wenn nicht das Bildungssystem?

Im heutigen Geschichtsunterricht sollen Schüler Daten und Fakten, die niemanden interessieren und die von teils unmotivierten Lehrkräften vorgetragen werden, auswendig lernen. Das erworbene Wissen wird für Prüfungen und Klausuren benötigt, danach interessiert dieses Wissen niemanden mehr. Gerade in Deutschland hat Geschichte, wie alle Geisteswissenschaften, kaum Bedeutung für die Schule.

Gelebte, diskutierte und kommunizierte Geschichte in der Schule kann mehr als das heutige Bildungssystem erreicht. Geschichte lebt durch das Erzählen von Erlebtem und Gehörtem im historischen Kontext. Erzählen und diskutieren fördern die Sprachentwicklung, das systematische, logische und kritische Denken, die Kommunikationsfähigkeit und besonders das Verständnis für die Anderen.

Die Fähigkeit systematisch, logisch und kritisch zu denken, die Fähigkeit zu kommunizieren und die Fähigkeit Verständnis für Andere aufzubringen und zu äußern, das sind wichtige Fähigkeiten für das spätere Berufsleben.

Wenn in der Schule Unterrichtsinhalte erarbeitet, durchdacht und diskutiert werden, dann lernen die Schüler dort auch Demokratie. Sie lernen Demokratie nicht als abstrakten Begriff, sie lernen Demokratie leben.

Warum wird Schul-Geschichts-Unterricht nicht in einer quasi-demokratischen Form durchgeführt?

Wahrscheinlich befürchten viele, dass in einem solchen Unterricht auch Fragen und Thesen auftauchen, die auf eine Relativierung des Nationalsozialismus hinzielen. In einer offenen Diskussion können die Lehrer und Schüler Argumente gegen diese Thesen erarbeiten. Besonders dann, wenn wie schon beschrieben die Verbrechen des NS-Regimes als solche durch alle Schüler erkannt werden.

Was passiert wenn die Diskussion weiter unterbleibt oder unterbunden wird?

Es bilden sich Randgruppen, zum Beispiel im rechten Spektrum. Diese Gruppen werden von gebildeten kommunikationsfähigen Menschen geführt, die aus verschiedenen Gründen rechte, teils nationalsozialistische, Thesen verbreiten. Ihre Anhängerschaft besteht zu Teilen aus geschichtsinteressierten Menschen deren Fragen in der Schule nicht beantwortet wurden, die sich in der Schule nicht wagten Fragen zu stellen oder die zu einfache Antworten suchten. Gleiches gilt für andere Strömungen und Randgruppen, ob diese nun politisch oder religiös radikalisiert sind. Das passiert heute und führt zu einer Spaltung der Gesellschaft.

Diese Spaltung der Gesellschaft ist gefährlicher als die offene Diskussion und Kommunikation von Geschichte. Die Gesellschaft und das Bildungssystem lassen nicht nur zu, dass diese Menschen an die Ränder abdriften, sie fördern es durch Verweigerung der offenen und kritischen Diskussion.

Verweigerung und die Akzeptanz der Diskussion führen zur „Massenverblödung“, Herr Mohr, nicht angebliches Desinteresse an Sprache, Geschichte und Bildung.

* Die Zitate stammen aus dem verlinkten Artikel

** Hier meine ich Unterricht der auf emotionale Faktoren setzt. Ich denke an Gedichte wie „Kinderschuhe aus Lublin“ von Johannes R. Becher

*** Die Sprachlosigkeit wird z.B. hier beschrieben

**** Das Argument „Die Grundschule ist ein Schutzraum“ stammt aus eigenem Erleben. Nach dem 11.9.2001, als ich in der Grundschule meines Kindes fragte warum die Kinder nicht mit dem Thema der Terroranschläge, entsprechend der Altersklasse, konfrontiert werden bekam ich diese Antwort.

Jugendparlament – Chance für die Bildung

Am 16. Juli 2014 stimmte der Leipziger Stadtrat über die Beschlussvorlage „Grundsatzbeschluss Jugendparlament“ (Drucksache Nr. V/3745) ab. Die Einrichtung eines Jugendparlaments ist jetzt beschlossene Sache. Das Regelwerk mit Beirat und Online-Wahl ist kompliziert und mag in Teilen strittig sein (vgl. Artikel im Weltnest) aber ein Jugendparlament ist für die politische Teilhabe der jungen Leipziger, im Alter zwischen 14 und 21 Jahren, ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Was fehlt mir persönlich noch?

Ich wünsche mir ein Jugendparlament, welches nicht ausschließlich der verlängerte Arm der Parteien und ihrer Jugendorganisationen ist.

Der erste Schritt dazu wäre die Integration der Arbeit des Jugendparlaments in den Unterricht an den Leipziger Bildungseinrichtungen.

Dafür gibt es auch prädestinierte Unterrichtsfächer, etwa Gesellschaftskunde. Die Vorrausetzung ist,die entsprechenden Fachlehrer weiterzubilden und zu informieren sowie die Lehrpläne anzupassen.

Ich bin mir dessen bewusst, dass trotz solcher Maßnahmen die Zusammensetzung des Jugendparlaments wahrscheinlich die Parteienlandschaft widerspiegeln wird.

Es ist aber eine Chance, den Leipziger Jugendlichen die Möglichkeiten aufzuzeigen wie sie Einfluss auf politische Prozesse nehmen können und sie an Politik heranzuführen.

Diese Möglichkeit sollten wir nutzen.

 

Nahles wird zur Konkurrenz für Merkel,

nicht als Kandidat für das Kanzleramt, aber für den Titel Mutti.

Dazu aber im zweiten Teil. Als erstes eine kleine Betrachtung zu aktuellen Problemen in meiner Partei. Betonung liegt auf meiner, nicht als Eigentumsbegriff – es drückt meine Zugehörigkeit aus.

Ich will aber nur über Themen schreiben und über deren Verlust. Die Hashtags #gates, #BuVo, #Rücktritt überlasse ich den 140-Zeichen-Schreibern auf Twitter, da lässt sich das mit einigen kurzen dreckigen Bemerkungen inkl. dem entsprechenden Hashtag abhandeln.

Leute, wir vergeigen gerade unsere Kernthemen. Schon gemerkt?

Ich erinnere euch an den Januar, da hat der BIM versucht eines unserer Kernthemen, den Datenschutz, zu kapern. Natürlich mit dem kriminellen Drall. Reaktion unsererseits – fast keine. Ach ja, wir hatten ja ein #flaggengate, das war wichtiger. Ich hatte in dem Zusammenhang etwas zur Mitte der Gesellschaft geschrieben. Kritik an diesem Begriff war für einige auf den verschiedenen Plattformen wichtiger als der Drall den der BIM dem Datenschutz gab. Vorher hatten wir bereits das Thema Internet im allgemeinen an Frank Schirrmacher und die FAZ abgetreten. Er ließ Sascha Lobo das Internet kaputtreden und dann E. Morozov und andere dieses wieder flicken. Die Frage der Privatsphäre haben wir längst an Michael Seemann abgetreten, da reagieren wir nur noch. Aber auch das nur manchmal, vereinzelt und zaghaft.

Und jetzt komme ich zum nächsten Kernthema, welches wir erfolgreich vergeigen können. Nicht als solches postuliert, gehört die Bildung, als Grundlage für alle unserer Ziele, dazu.

Warum nun wehrt sich niemand wenn Mutti Nahles die Bildung auf eine rein ökonomische Stufe herabzieht.

„Mutti“ und „herabziehen“ sind wohl zwei Begriffe die einer Erklärung bedürfen. Erstere beruht für mich auf der Tatsache, dass Frau Nahles sich in muttihafter Art bedenklich zeigt, die Kinderlein könnten arbeiten gehen statt lernen – wenn sie Mindestlohn bekämen. Herabziehen sage ich, weil es nicht um die Verbesserung der (Aus)Bildung geht. Es geht einzig uns allein darum, dass jede/r eine wie-auch-immer-Ausbildung machen soll – sonst gibt’s keinen Mindestlohn. Keine Rede davon, dass die Job-Center einigen Jugendlichen empfehlen einen Job zu suchen, um die Zahlungen an deren Eltern minimieren zu können. Nichts davon zu hören, dass unsere Jung-Akademiker sich von Praktikum zu Praktikum hangeln (wenn sie Glück haben), oder Hartz IV beziehen (wenn die Eltern nicht zu viel verdienen). Auch kein ernstzunehmender Vorschlag zu Maßnahmen die verhindern, dass Arbeitgeber diese Ausnahme ausnutzen. Nein, Mutti Nahles ist es wichtig, dass (aus)gebildet wird. Egal wie.

Der Vorschlag eignet sich unter meinen „Freunden(?)“ auf Twitter und G+ hervorragend um „Jugendliche vs. Rentner“ (bin ich der einzige der meint, dass das gewollt ist?) auszuspielen oder sogar den Nazi-Vergleich* zu bringen und die Abschaffung der Schulpflicht zu fordern.

Vielleicht sollten wir Piraten mal die (Aus)Bildungsinhalte und die Qualität der (Aus)Bildung hinterfragen. Wir sollten mal über die Kosten nachdenken, Vorschläge dazu machen und uns auf unsere Grundkompetenzen und Ziele besinnen.

Eines ist für mich aber bei der ganzen Sache wichtig. Der Mindestlohn ist nicht das Gelbe vom Ei, er ist eine Übergangslösung. Aber:

Der Mindestlohn ist nicht verhandelbar!

P.S. Ich meine nicht, dass 16jährige arbeiten gehen sollen. Wenn sie aber egal aus welchen Gründen dies tun, dann sollen sie auch den Lohn bekommen – der für diese Arbeit gezahlt wird. Nicht den für ihr Alter.

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* Es gibt wirklich Leute, die fordern die Abschaffung der Schulpflicht mit dem Argument, dass diese von den Nazis eingeführt wurde und bezeichen den Staat als repressiv, weil er „die Schüler mit bewaffneter Gewalt in die Schule zwingt.“