Katholikentag 2016 in Leipzig

Dr. Heiner Koch, Bischof von Dresden-Meißen, hat im Novemer 2013 die deutschen Katholiken für 2016 nach Leipzig zum 100. Katholikentag eingeladen. Dagegen ist nichts einzuwenden.

Einwände habe ich allerdings gegen die im Juni 2014 erhobene Forderung nach Beteiligung der Stadt Leipzig an den Kosten des Katholikentages mit dem Betrag von 1.000.000 Euro.

In Leipzig werden seit Jahren Gelder für kulturelle Projekte gestrichen bzw. gekürzt und das Event einer reichen Religionsgemeinschaft soll aus der klammen Stadtkasse gefördert werden? Der Betrag von einer Million Euro könnte einige Kulturprojekte am Leben erhalten.

Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat ist, wie zu erwarten, für die finanzielle Beteiligung und lässt die Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla Argumente vortragen. Frau Kudla vergleicht hier die Katholikentage Mannheim 2012 und Leipzig 2016 – die Grünen springen leider auf diese Argumente an.

Wenn die Zahlen von Mannheim 2012 zu Vergleichszwecken herangezogen werden, dann wird zumindest Verschleierungstaktik betrieben. 2014 fand schließlich der bisher letzte Katholikentag in Regensburg statt und für diesen liegen die Zahlen für die Finanzierung vor. Ein Vergleich der Zahlen bietet sich an. In Regensburg stellte die Stadt 1,0 Mio. Euro, der Freistaat Bayern 1,6 Mio Euro zur Verfügung. In Leipzig soll die Stadt 1,0 Mio, der Freistaat Sachsen 3,0 Mio Euro einbringen.

Die Akzeptanz des Einsatzes städtischer Mittel zur Finanzierung eines Katholikentages in Leipzig stellt sich schon aus Gründen der Religionszugehörigkeit der Leipziger Einwohner anders dar als in Regensburg. Die Regensburger Bevölkerung ist zu ca. 60% katholisch, in Leipzig sind es zwischen 4 und 5%.

Leipzig kann und darf ein kultrelles Event fördern, das steht außer Frage. Dafür sollte aber erst einmal ein Veranstaltungsprogramm vorliegen, welches auch für die Nichtchristen in Leipzig akzeptabel ist.

Die Aussage von Frau Kudla „Gerade in der Stadt der Friedlichen Revolution ist es gut, christliche Themen wieder in den Vordergrund zu rücken.“ lässt darauf schließen, dass es sich um eine missionarische Veranstaltung handelt. Für eine solche ist eine Forderung nach Beteiligung der Stadt geradezu absurd zu nennen.

Ich denke, Leipzig wird auch ohne den Zuschuss von 1.000.000 Euro den katholischen Menschen ein großartiger Gastgeber sein. Möglicherweise werden sich auch konfessionslose oder andersgläubige Leipziger an Spendenaktionen für kulturelle Veranstaltungen zum Katholikentag beteiligen. Bei meinem Einspruch gegen die Finanzierung geht es nicht gegen Menschen katholischen Glaubens, es geht mir um Widerspruch gegen die Finanzierung einer missionarischen Veranstaltung.

Wenn Menschen, ob nun katholisch oder nicht, für Menschlichkeit und Frieden eintreten, dann bin auch ich als Pirat dabei.

 

 

Politische Arbeit, Piraten und Überwachung

Bei meiner politischen Arbeit geht es mir nicht darum, eine Ideologie zu transferieren. Vielmehr will ich Menschen für bestimmte Themen sensibilisieren. Ich kommuniziere meine Sicht auf diese Themen, um Gedankenanstöße für Diskussionen einzubringen. Mein Ziel ist es, Menschen dazu anzuregen sich mit den Themen auseinanderzusetzen, über diese nachzudenken und ihre eigenen Schlüsse zu ziehen.

Politische Arbeit mache ich nicht für eine festgelegte Zielgruppe. Deshalb bemühe ich mich, die von mir vorgestellten Themen nicht ideologisch zu überfrachten, sondern ich versuche Geschichten zu erzählen, die allgemeinverständlich sind. Themen ideologisch zu überfrachten und Expertenwissen zum besprochenen Thema vorauszusetzen hieße, meine Zielgruppe auf einen Personenkreis mit fester Ideologie, eine Randgruppe, einzuschränken.

Ein Thema, welches meist ideologisch überfrachtet behandelt wird, ist die Überwachung – ein Kernthema der Piraten.

Meiner Meinung nach sollte der Aspekt der Langzeitwirkung von Überwachung umfassender kommuniziert werden.

Zur Illustration eine Geschichte aus der Sowjetunion der 1920er Jahre, die in Form eines Witzes in der DDR kursierte:

Die Brüder Iwan und Boris hatten unterschiedliche Lebensläufe. Iwan kämpfte nach der Revolution an der Seite der weißen Konterrevolutionäre und Boris war Kommissar bei den Bolschewiken. Mitte der 20er trafen sie sich in Moskau, Iwan als Genosse der KPdSU und angesehener Kolchos-Vorsitzender und Boris als Hilfsarbeiter in einer Fabrik, der in der Partei gerade noch geduldet wurde. Boris fragte: „Du hast bei den Weißen gekämpft, warst bei denen Offizier und jetzt bist Du Genosse und Chef. Wie kommt das?“ Iwan antwortete: „Ich habe einen Bruder der Kommissar bei den Roten war, das macht sich gut in meinem Lebenslauf.“ Boris seufzte: „Und ich komme nicht weiter, weil mein Bruder ein Konterrevolutionär war.“

Was hat das mit Überwachung zu tun?

In der Geschichte geht es um „Sippenhaftung“, ein Begriff aus dem dritten Reich, der aber viel mit Überwachung und Datensammlung zu tun hat.

Egal wie wir die Überwachung beschreiben, es geht in erster Linie um das anlasslose Sammeln von personenbezogenen Daten zur späteren Verwendung. Ob jemand heute Nachteile von diesen Überwachungsmaßnahmen hat, ist völlig egal. Die Daten werden gespeichert und liegen für ewige Zeiten abrufbereit vor. Datensätze über meinen Gesundheitszustand, über meine politischen Äußerungen, über meine sozialen Kontakte, über meinen finanziellen Status in den verschiedenen Lebensabschnitten, über meine Gewohnheiten aller Art und viele andere mehr werden gesammelt und katalogisiert.

Was damit gemacht werden kann, habe ich satirisch im „Brief an die Oma“ beschrieben.

Es bestehen aber auch andere Möglichkeiten der Verwertung. Diese Möglichkeiten sind eng mit einer neuen Qualität der „Sippenhaftung“ verbunden, die nicht auf die Familie beschränkt ist.

Wenn eines Tages mein heute 18-jähriger Sohn in meinem Alter ist, dann wird sein ganzes Leben erfasst sein. Das kann abhängig von der dann bestehenden Herrschaftsform fatale Folgen für ihn haben. Bis dahin wird er wohl tausende persönliche und virtuelle Kontakte gehabt haben, einige aus Kinder- und Jugendzeiten wird er vielleicht immer noch pflegen, und sei es nur mit gegenseitigen Geburtstagswünschen und sporadischen Kommentaren in sozialen Netzwerken. Hat er Pech, dann sind darunter Regierungskritiker, Kriminelle, Sexualstraftäter und andere, die von der dann aktuellen Gesellschaftsordnung als Problemfälle betrachtet werden. Bei der anlasslosen Überwachung und der damit verbundenen Datensammlung ist es unerheblich, ob er von den Lebensumständen seiner Kontakte Kenntnis hat. Dazu kommen noch jene Daten die andere über ihn ins Netz gestellt haben und die mit seinen Daten in Verbindung gebracht werden.

Automatisiert verarbeitet nach Stichwortabfragen liefern diese Daten dann ein „wahres“ Bild über ihn als Menschen, welches aber mit dem Menschen, der er dann ist, nichts zu tun haben muss. Durch die Auswertung der Massendaten mit statistischen Modellen werden sogar Informationen erschlossen, die in den gespeicherten Daten nicht explizit vorhanden sind. Ein Beispiel für die statistische Auswertung, ist wohl allen durch amazon geläufig, die Analyse „Wer diesen Artikel bestellte, bestellte auch…“ führt mitunter zu absurden Ergebnissen.

Werden diese Daten herangezogen, z. B. um zu prüfen ob er sich für ein öffentliches Amt eignet, um zu ermitteln,ob er als Bewerber für einen Job infrage kommt, oder um seine Kreditwürdigkeit sicherzustellen, dann zeigt sich die Gefahr der Datensammlung.

Bei einer heutigen Überprüfung mit Abfrage beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), bedarf es einer IM-Akte und einer unterschriebenen Verpflichtungserklärung, damit sich der Verdacht auf Stasi-Mitarbeit erhärtet. Für die automatisierte Auswertung der Daten aus der anlasslosen Überwachung werden keine solchen Dokumente benötigt. Ein Beispiel für eine solche Analyse ist das Geoscoring, bei dem die Bonität eines Menschen ohne Beachtung der persönlichen Kreditwürdigkeit ausschließlich nach dem Wohnort bewertet wird.

Die anlasslose Überwachung der Menschen und deren Auswertung nach statistischen Modellen, die bereits alle Menschen unter Generalverdacht stellt, birgt eine selbsterfüllende Prophezeiung in sich:

Alle (überprüften) Menschen sind Terroristen, Kriminelle oder andere Täter.

Aus der Geschichte kennen wir auch schon die Antwort auf diese zu erwartende Feststellung. Die katholische Kirche hat sie während der Albigenser-Kreuzzüge gegeben:

„Tötet sie alle, Gott wird die Seinen schon erkennen!“

Mir drängt sich die Frage auf:

Wer die anlasslose Überwachung unter diesem Aspekt betrachtet, kann der noch sagen „Ich habe nichts zu verbergen.“?

100 Tage – 1000 Köpfe

 Ja, ich habe 1000 Köpfe, nicht 1000 Hände geschrieben, liebe Mit-PiratInnen.

Die 100 Tage sind ja bekanntlich die Schonfrist, von Stefan Körner wurden sie ja auch als Nachdenkfrist  für den neuen Bundesvorstand gefordert.

Hände könne applaudieren oder zuschlagen, sie können aber nicht denken. Das Nach-Denken ist aber nötig wenn es wieder vorwärts gehen soll.

Für mich persönlich habe ich einen Fragenkatalog zusammengestellt, mit dem ich mich in den nächsten 93 Tagen beschäftigen werde.

1. Überwachung – hier steht nicht die Frage wer – wen – wann überwacht im Raum, das ist wohl geklärt. Ich werde darüber nachdenken wie ich Menschen für dieses Thema sensibilisieren kann. Einen Versuch, der bei meinen Freunden und Kollegen gut ankam, habe ich schon vor der Bundestagswahl 2013 veröffentlicht.

2. Bildung – die Forderung nach kostenlosem und ungehindertem Zugang steht für mich außer Frage. Ich werde mich also mit dem Thema „Bildung die zum selbständigen Denken führt“ befassen. Was ich meine könnt ihr in der Packungsbeilage lesen.

3. Anti-Diskriminierung – das ist ein Wahnsinnsthema, weil dort die Fragen zu Gender, Rassismus, Deutschtümelei, Anti-Deutschtümelei und noch zu vielen anderen Formen der Diskriminierung hineingehören. Auch hier verweise ich auf mehrere meiner alten Artikel.

4. Arbeitswelt – ein besserer Begriff fiel mir nicht ein. Viele Fragen die über plakative Forderungen nach einem BGE hinausgehen stellen sich dort. Ist Vollbeschäftigung erwünscht, wenn ja – wie wärs mit Verkürzung der Arbeitszeiten für die Vollbeschäftigten? Den Mindestlohn werden wir bekommen, aber er ist nur eine Brückentechnologie. Steht als Ziel ein BGE, wie sieht das aus, was ist dafür erforderlich und wie kommunizieren wir dieses Ziel? Zitat Einstein (sinngemäß): Wenn Du es nicht mit einfachen Worten erklären kannst, dann hast Du es nicht verstanden

5. Verkehrspolitik – hier habe ich die Frage um die es geht bereits gestellt. „Wie ernst ist den Politikern die Forderung nach einer neuen Verkehrspolitik?“ Der Hintergrund für diese Frage ist einfach zu beschreiben. Wenn ein Umstieg auf den ÖPNV und andere Verkehrsmittel – eine Abkehr vom motorisierten Individualverkehr – das Ziel ist, dann hat das für Deutschland weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Das habe ich aber alles schon beschrieben.

Mehr Themen will ich in diesen 93 Tagen nicht behandeln, das sind schon zu viele. Ich will mich in dieser Zeit nicht mit innerparteilichen Querelen in meinem Blog beschäftigen.

Was mir fehlt, ist der Kontakt zu den restlichen 999 Köpfen die sich, abseits von progressiven und regressiven (konservativen) Fremd- und Selbsteinordnungen, lieber mit Themen beschäftigen.

Ich hoffe, dass ich noch einige Menschen finde denen das wichtig ist.