Wäre ich auch ein Landesverräter?

LandesverraeterKeine Angst, ich maße mir nicht an, auf einer Stufe mit Markus und Andre zu stehen und mein Blog ist auch nicht mit Netzpolitik vergleichbar.

Trotzdem kommen mir komische Gedanken.

Am 12. Juni 2014 schrieb ich den Artikel Echtzeitüberwachung der sozialen Netzwerke in der Flaschenpost.

Mir lagen keine internen Dokumente des BND oder anderer Geheimdienste vor. Hätten mir diese vorgelegen, ich hätte sie auf jeden Fall veröffentlicht. Wäre der Artikel dann aus rechtlichen Gründen nicht in der Flaschenpost erschienen, dann hätte ich ihn in meinem Blog gepostet.

Ob eine solche Veröffentlichung unter die Pressefreiheit fällt, ist aus mehreren Gründen fraglich.

Im Artikel 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland ist eindeutig ausgeführt:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

So genannte Geheimdokumente, im Sinne des Staatsgeheimnisses sind selbstverständlich keine allgemein zugänglichen Quellen und der §7 des Strafgesetzbuches gehört zu den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Fallen also solche Veröffentlichungen nicht unter die Meinungs- und Pressefreiheit?

Mit meinen rudimentären juristischen Kenntnissen und etwas Arbeit mit Suchmaschinen dürfte ich also nicht einmal daran denken solche Dokumente zu veröffentlichen. Warum würde ich es trotzdem tun?

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sagt im Artikel 20:

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Wir leben in einer Republik. Wer es vergessen hat: Republik kommt von res publica, also öffentliche Angelegenheit. Ohne Öffentlichkeit ist dieser Staat keine Republik. Den Begriff Demokratie muss ich wohl nicht näher erläutern.

Journalisten, Blogger und alle, die irgendwo publizieren, stehen also vor den Fragen: Wann müssen Geheimnisse öffentlich gemacht werden? Und: Wann lohnt sich das Risiko, dass ich mich strafbar mache?

Hier zeigen sich natürlich die Grenzen des §94 Strafgesetzbuch (Landesverrat), nach dem der Generalbundesanwalt Markus und Andre gern angeklagt hätte.

In dem Paragraphen ist ausdrücklich der Tatbestand beschrieben:

(1) Wer ein Staatsgeheimnis

1. einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder

2. sonst an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen,

und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

Für mich stehen zwei Dinge außer Frage:

Die Veröffentlichung der Dokumente bei Netzpolitik benachteiligt nicht die Bundesrepublik Deutschland oder begünstigt eine fremde Macht, es sei denn, die Bürger der Bundesrepublik werden von der Regierung oder zumindest von den Geheimdiensten als fremde Macht betrachtet.

Die „Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit“ ist ebenfalls fraglich. Eher besteht eine Gefahr für die gewählten Volksvertreter und Parteien bei den nächsten Wahlen.

Für mich stellt sich eher die Frage, ob es weiterhin genügen soll, einen Stempel „Vertrauliche Verschlusssache“ oder ähnliches auf ein Dokument zu drücken, um Handlungen gegenüber den BürgerInnen zu verbergen. Oder muss die Klassifizierung von schutzwürdigen Geheimdokumenten in einer Demokratie überdacht werden?

Wenn dieser Zustand beibehalten wird, dann ist die Handlung von Markus und Andre gemäß dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art. 20 zu betrachten:

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Es geht hier weniger um Pressefreiheit – es geht um das Wahrnehmen unserer demokratischen Rechte.

P.S. Der Begriff „Landesverrat“ stört mich übrigens. Er rückt den „Landesverräter“ in die Ecke die früher mit „Volksschädling“ gekennzeichnet war.

Ich vernachlässige mein Blog,

meinen einige Bekannte. Der Grund ist, dass ich in letzter Zeit weniger veröffentliche.

Zur Erklärung sei gesagt, dass einige meiner Beiträge anderswo erschienen sind.

Zu Piratenthemen habe ich für die Flaschenpost drei Beiträge geschrieben, die ich meinen Lesern hier vorstellen möchte.

Der letzte Beitrag sei hier zuerst genannt.

Am 12.06.2014 schrieb ich unter dem Teaser:

„In Deutschland unterliegen die Nachrichtendienste weitgehend der datenschutzrechtlichen Kontrolle, aber die Gesetze klammern den Bereich der Auslandsüberwachung weitgehend aus.“ sagte Peter Schaar am 11.12.2013 im Handelsblatt. Unser Gastautor Thomas Köhler hat den rechtsfreien Raum, bei der Echtzeit-Überwachung der sozialen Netzwerke, gesucht.

über meine Meinung zur Echtzeitüberwachung der sozialen Netzwerke durch den BND.

Dass Meckern nach der Wahl wenig hilfreich ist wissen alle. Einige Gedanken dazu habe ich am 01.06.2014 geäußert.

Der erste Artikel für die Flaschenpost war die Vorstellung „Meiner Netzpartei“ am 10.04.2014. Meine Meinung zur Piratenpartei mag einigen naiv erscheinen, aber sie ist wenigstens ehrlich.

Für die Zukunft werde ich im Blog auf diese Artikel hinweisen. Selbstverständlich schreibe ich auch hier weiter. Die Flaschenpost ist ab sofort im Blogroll zu finden.

PRISM – das Bewegungsprofil

Zuerst einmal, ich habe keine Angst vor PRISM. Klingt absurd aber wer mich kennt, der weiß womit ich mich beschäftige. Somit hätten die Computer und Analysten der NSA ihren Spaß mit mir. Im Telefonspeicher Nummern von Ex-Stasi-Mitarbeitern und Opfern, von arabischen, jüdischen, russischen und anderen Bekannten. E-Mail-Adressen von Organisationen (Täter und Opfer), BND, NSA, CIA, FSB usw.

Wie schon im letzten Artikel zum Thema beschrieben, sollte ich somit ja unverdächtig sein.

Aber gerade der letzte Artikel hatte eine gewisse Resonanz. Weil er sich mit dem Unschuldigen und Unverdächtigen beschäftigte, der dennoch ins Fadenkreuz geraten könnte. Mit dem, der sich vermeintlich um PRISM keine Gedanken machen muss und deshalb nicht aktiv wird.

Eine kleine Vorbemerkung noch. Der ständige Vergleich mit der Stasi trifft es nicht. Auf Grund der mangelnden technologischen Ausstattung (die entsprechende gab es da noch nicht) saßen an meinen Daten menschliche Analysten. Die waren vielleicht ideologisch indoktriniert, aber entgegen den Gerüchten nicht dumm. Sie hätten bestimmte Merkmale evt. schneller interpretieren können als ein Computer. Ein Vergleich, der nicht gezogen wird, ist aber zulässig. Daten die einmal gespeichert wurden blieben im Speicher. Heute wird aber bestritten, dass es immer noch so ist.

Nun aber zum in der Überschrift erwähnten Bewegungsprofil.

Vielleicht macht es einen nicht verdächtig, aber ich habe seit 18 Jahren die gleiche Mobilfunknummer beim selben Provider. Mit diesem Mobilelefon „bewaffnet“ war ich 10 Jahre in Bremen für den ADAC unterwegs. Privat natürlich auch.

Was habe ich da für Leute kennengelernt. Unter anderem Kriminelle, religiöse Fanatiker (zumindest nach ihren Äußerungen), Linke, Rechte – das ganze Spektrum eben. Meine privaten Kontakte entwickelten sich genauso vielschichtig. Als ich 2008 wieder nach Leipzig zog, ging das weiter. Telefonische und E-Mail-Kontakte zu den Bremer Bekannten, neue Kontakte hier und dann der Beginn meiner Forschungsarbeit.

Jetzt lasse einer hier Bewegungsprofile beliebiger krimineller oder unter Terrorverdacht stehender Gruppen erstellen. Diesmal aber nicht durch einen menschlichen Analysten sondern durch einen „seelenlosen“ Computer.

Mag sein, dass ich plötzlich in vielen Profilen auftauche. Natürlich Herr BIM, die Daten sind „entpersonalisiert“, aber genauso schnell lassen sie sich wieder personalisieren. Da stehe ich dann da mit meinen „Verbindungen“.

Da diese vielleicht mehrere Gruppen betreffen, könnte es ein ziemlich schlimmer Verdacht werden. Hoffen könnte ich dann nur auf einen einigermaßen ausgeschlafenen (hier wörtlich, in der Form von nicht übermüdet) menschlichen Analysten. Der könnte dann feststellen, dass der größte Teil der „Verbindungen“ auf meine Arbeit zurückgeht und nicht von mir initiiert wurde.

Aber was geht Euch meine Geschichte an?

Denken wir mal an den Pizzaboten, die mobile Altenpflegerin, den Taxifahrer und Andere.

Natürlich, am Ende wird sich das Alles im Einzelfalle aufklären lassen.

Aber glaubt Ihr wirklich, dass der maschinell begründete Verdacht gelöscht wird?

Glaubt Ihr, dass der „Verdächtige“ im Computersystem rehabilitiert wird?

Dass er beim nächsten Mal automatisch unverdächtig ist?

Ich glaube auch, dass Elvis lebt!