Reden wir über Meinungsfreiheit

„An dem Tag, an dem ich hier nicht mehr schreibe was ich denke, haben die Trolle und Überwacher gewonnen.“

Das habe ich heute getwittert, als Reaktion auf verschiedene Artikel die nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo über Provokationen durch Satire, Religionsfreiheit, Rücksicht auf die Meinung anderer und ähnliches veröffentlicht wurden.

Einleitend sei gesagt, dass ich den Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland uneingeschränkt vertrete.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Wobei natürlich die „allgemein zugänglichen Quellen“ (Abs.1) erweitert werden müssten und einige „Vorschriften der allgemeinen Gesetze“ (Abs.2) überarbeitungswürdig sind. Bei Absatz 3 bin ich mir nicht sicher, ob das Grundgesetz unzumutbare Einschränkungen trifft, die die Freiheit der Lehre einschränken.

Menschenverachtende, rassistische und ähnliche Meinungen sind weitestgehend durch die Einschränkungen im Absatz 2 von der Freiheit der Meinungsäußerung ausgeschlossen, um diese geht es mir nachfolgend nicht.

Freiheit luxemburgAber es geht mir hier um die Meinungsfreiheit, die Freiheit meiner Meinung und die Freiheit der Meinung der anderen.

Ich bin in einem Land aufgewachsen in dem die Meinungsfreiheit zwar propagiert wurde, aber nur solange sie sich im Rahmen der Meinung der führenden Partei bewegte. Im Klartext, ich konnte meine Meinung frei äußern – wenn sie den Parteidoktrin nicht widersprach.

Jetzt lebe ich in einem Staat der die Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz gewährleistet, was muss ich aber feststellen? Es gibt Menschen, Gruppen von Menschen, Organisationen und Parteien die von mir eine Selbstzensur verlangen. Ich soll eine Meinung äußern die ihnen genehm ist und dies in einer vorgegebenen Form. Was noch schlimmer ist: Ich soll mit den Andersdenkenden nicht reden, sie höchstens beschimpfen – weil diese eine falsche Meinung haben.

Das erinnert mich an meine Jugend in der das Westfernsehen und andere Westmedien verboten waren, wahrscheinlich waren diese infektiös. Ich hätte mich ja mit anderen Meinungen anstecken können.

Mein Blog-Motto ist nicht zufällig gewählt, ich vertrete die Meinungsfreiheit die auch dem politischen Gegner die Freiheit der Meinungsäußerung lässt. Und ich biete dem politischen Gegner den Dialog an, das klingt jetzt toller als es ist – es handelt sich meist um einzelne Menschen. Aber gerade die sind wichtig, die Einzelnen haben keine Dogmen, sie vertreten sie höchstens.

Wenn ich also in den letzten Tagen #jesuischarlie getwittert habe, dann ist das ein Bekenntnis zur Meinungs- und Pressefreiheit. Ich muss nicht jede Karikatur in Charlie Hebdo gut und passend finden – aber niemand darf Zensur oder Selbstzensur fordern. Das hält mich nicht davon ab zu sagen, dass mir einige der Karikaturen zu weit gehen.

Wer hat eigentlich behauptet, dass Demokratie und Meinungsfreiheit einfach sind? Gelesen habe ich das noch nie irgendwo, warum tun dann einige Menschen so? Sie tun so, als ob sie im Besitz der allein selig machenden Wahrheit sind und begeben sich, trotz ihres Bekenntnisses zur Demokratie, hin zum tiefsten Dogmatismus – zur Gesinnungsdiktatur.

Ich habe schon mehrfach geschrieben, dass sich junge Menschen und Zweifler oft von linken Parteien und Organisationen entfernen weil diese zu schnell mit Zuweisungen wie „rechtes Gedankengut“ oder sogar „Nazi“ bei der Hand sind. Das muss sich ändern und zwar schnell. Wenn wir mit diesen Menschen nicht reden, dann gehen sie dorthin wo sie einfache Antworten finden. Ehrlich gesagt, unsere Antworten sind doch nicht zu kompliziert um sie zu kommunizieren.

Soweit zu dem Teil, der sich mit den Trollen und der „nichtstaatlichen Zensur“ beschäftigt.

Der andere Teil, der den Staat betreffende, ist viel einfacher zu beschreiben. In den letzten Tagen wurden wieder Forderungen nach neuen und alten Maßnahmen zur Erhöhung der (gefühlten) Sicherheit laut. Das hat viel mit Meinungsfreiheit zu tun, wenn es auch vordergründig nicht so scheint. Wer mich, meine E-Mails, meine Post, meine Aktivitäten im social Media und anderes überwacht, der kann später diese auch verhindern oder eingrenzen. Außerdem versucht er mich zu einer Selbstzensur zu zwingen.

Wehret den Anfängen!

Bildquelle: https://twitter.com/Linksfraktion/status/554233656316006401

Niemand hat die Absicht zu überwachen?

Der Kreis schließt sich. Ich meine hier den sinnbildlichen Kreis der anlasslosen Totalüberwachung – was sonst.

Nachdem die BürgerInnen in Deutschland trägerweise nicht bereit waren, für einige Euro Einsparungen bei der Kfz-Versicherung, eine blackbox zur Überwachung in ihre Autos einbauen zu lassen, soll die Mauterfassung das Problem beheben.

Natürlich „hat niemand die Absicht“ uns zu überwachen, genau sowenig wie bei Vorratsdatenspeicherung, Fluggastdatenerfassung und ähnlichen Maßnahmen.

Aber vorsichtshalber hat das Bundeskriminalamt (BKA) schon mal den Zugriff auf die Mautdaten beantragt. Selbstverständlich nur für kriminelle Aktivitäten und nur in Ausnahmefällen.

Der Verkehrsminister das ist der, der die elektronische Mautplakette will, versichert uns im gleichen Artikel, „kein Bürger müsse befürchten, dass mit den Daten Bewegungsprofile gespeichert werden könnten.“

Hallo Herr Dobrindt, wenn die ZEIT-ONLINE das nicht falsch formuliert hat, man kann mit diesen Daten Bewegungsprofile speichern wenn sie erfasst werden.

Man wird das auch tun, wenn man es für erforderlich hält.

Eine Begründung wird sich finden, wie immer. Ob nun Schwerkriminalität, organisierte Kriminalität, Menschenhandel, Terrorismus oder was auch immer.

Sind die Daten einmal erfasst, dann wecken sie Begehrlichkeiten.

Ob die prognostizierten Einnahmen durch die Maut kommen ist fraglich.

Die Überwachung kommt auf jeden Fall. Ob nun früher oder später ist egal.

P.S. Wer den Artikel auf ZEIT-ONLINE aufmerksam gelesen hat, wird sich evt. fragen wie der Schluss „Eine Übermittlung der Daten an andere Behörden sei nicht vorgesehen. So ist es auch im Gesetz für die Lkw-Maut festgelegt.“ mit der Aussage zusammenpasst, dass der „Autobahnschütze“ scheinbar mittels der LKW-Mautdaten ermittelt wurde.

Das „Wort zum Sonntag“ des Pfarrers Gauck

in der ARD war leider eine Verlautbarung, die eben jener in seinem Amt als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland abgab.

Heute schon an dieser Stelle der Disclaimer:

Ich habe, als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, die gebührende Achtung für das Amt des Bundespräsidenten. Es liegt nicht in meiner Absicht das Amt oder den Amtsinhaber zu verunglimpfen. (Ich hoffe, dass das reicht.)

Was macht diese Verlautbarung eigentlich so gefährlich für die Demokratie?

Betrachten wir zuerst den Bundespräsidenten. Dieser ist, im Gegensatz zu der von ihm kritisierten Partei „Die Linke“, nicht durch das Volk in seine Regierungsverantwortung gewählt. Seine Person im Amt ist das Ergebnis eines politischen Kuhhandels (sorry, ich muss das mal so deutlich sagen), was sein Amt aber nicht entwertet. Gerade dieses Wahlprocedere sollte ihm aber eine scharfe Sicht auf demokratische Prozesse im Land gewähren.

Zu seinen Aussagen im „Wort zum Sonntag“ ist eigentlich nicht viel zu sagen.

„Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren“

Herr Gauck, haben Sie sich schon einmal gefragt wie viele Menschen Ihrer Altersklasse sich, abseits von Ostalgie, fragen warum sie sich heute Sorgen um Altersarmut machen – dies aber in der DDR nicht taten – und dann Die Linke wählen?

„Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können?“

Beschränkt man die Sicht auf Thüringen, dann erhebt sich doch eher die Frage welcher Partei, in der heute noch Mitglieder von DDR-Parteien sitzen, die BürgerInnen Thüringens vertrauen können. Wichtig ist das aber nicht wirklich. Bodo Ramelow ist kein ehemaliges SED-Mitglied. Viele der Partei-Mitglieder sehen, vielleicht naiverweise, eher die Vorstellung eines wirklich demokratischen Sozialismus (nein, das ist kein Widerspruch) als die Unterdrückungsmentalität der alten SED-Führung , als Motiv ihres politischen Handelns an.

„Es gibt Teile in dieser Partei, wo ich – wie viele andere auch – Probleme habe, dieses Vertrauen zu entwickeln.“

Herr Gauck, in welcher Partei gibt es die nicht?

Welche Teile von welchen Parteien verstecken sich eigentlich hinter den ständigen Bestrebungen uns alle, selbstverständlich zu unserem Besten, zu überwachen?

Welche Teile von welchen Parteien wollen uns, die StaatsbürgerInnen, entmündigen indem man uns, unter dem Deckmantel des Geheimnisschutzes, Informationen vorenthält die für den demokratischen Prozess wichtig sind? Ich denke da an TTIP und den NSA-Untersuchungsausschuss.

Welche Teile von welchen Parteien klüngeln in Hinterzimmern mit Lobbyisten um nach dem „Dienst am Volke“ einen einträglichen Job in der Wirtschaft zu erhalten? (Ich weiß, Sie tun das nicht.)

Welchen Parteien sollen die BürgerInnen, nicht nur die in Thüringen, vertrauen?

Das müssen die BürgerInnen selbst entscheiden – ganz demokratisch.

Das haben diese getan – und das ist gut so. Wenn die SPD-Basis nun entscheidet, dass ihre Partei an einer von Bodo Ramelow geführten Regierung teil hat – dann ist das Ergebnis eines demokratischen Prozesses.

Die Bedenken des Bürgers Joachim Gauck dürfen nicht das Amt des Bundespräsidenten beschädigen.

P.S. Aus Achtung vor dem Amt des Bundespräsidenten habe ich die Verlautbarung zur Thüringen-Wahl als „Wort zum Sonntag“ betrachtet.