Wir haben eine Schlange an unserem Busen genährt.

Das wäre nun noch ein Ausspruch, der in der Diskussion um die Volksabstimmung in Griechenland fehlt. Aber der klassische Bildungsstand unserer Politiker lässt ja auch zu wünschen übrig. Interessant in diesem Zusammenhang erscheint mir aber, was meine Großmutter dazu gelernt hat. Also habe ich mal in ihr Lesebuch von 1909 geschaut. Siehe da, eine „gar treffliche“ Beschreibung von Wohltaten und Dankbarkeit – die Schlange ist auch dabei. Sieht man nun die Ausführungen des Vaters, am Ende der Fabel, dann ist Lessing doch eigentlich ziemlich aktuell.

Der Knabe und die Schlange

Ein Knabe spielte mit einer zahmen Schlange. „Mein liebes Tierchen“ sagte der Knabe, „ich würde mich mit Dir so gemein nicht machen, wenn Dir das Gift nicht benommen wäre. Ihr Schlangen seid die boshaftesten, undankbarsten Geschöpfe. Ich habe es wohl gelesen, wie es einem armen Landmann ging, der eine vielleicht von Deinen Ureltern, die er halb erfroren unter einer Hecke fand, mitleidig aufhob und sie in seinen erwärmenden Busen steckte. Kaum fühlte sich die Böse wieder, als sie ihren Wohltäter biß, und der gute, freundliche Mann musste sterben.“

„Ich erstaune,“ sagte die Schlange “wie parteiisch Eure Geschichtsschreiber sein müssen. Die unsrigen erzählen die Historie ganz anders. Dein freundlicher Mann glaubte, die Schlange sei wirklich erfroren, und weil es eine von den bunten Schlangen war, so steckte er sie zu sich, um ihr zu Hause die schöne Haut abzustreifen. War das recht?“

„Ach, schweig nur,“ erwiderte der Knabe. „Welcher Undankbare hätte sich nicht zu entschuldigen gewußt!“

„Recht, mein Sohn!“ fiel der Vater, der dieser Unterredung zugehört hatte, dem Knaben ins Wort. „Aber gleichwohl, wenn Du einmal von einem außerordentlichen Undanke hören solltest, so untersuche ja alle Umstände genau, bevor Du einen Menschen mit einem so abscheulichen Schandflecke brandmarken lässest. Wahre Wohltäter haben selten Undankbare verpflichtet; ja ich will zur Ehre der Menschheit hoffen – niemals. Aber die Wohltäter mit kleinen eigennützigen Absichten, die sind es wert, mein Sohn, daß sie Undank anstatt Erkenntlichkeit einwuchern.“

Gotthold Ephraim Lessing, sämtliche Schriften, herausg. v. Lachmann. 3.Aufl. Stuttgart 1886, 1.Bd. S. 207

Der Schüler als Professional

Auf Google+ stieß ich bei der ersten Zigarette des Tages auf einen Beitrag von Birgit Rydlewski „Wie Schüler Professionals werden können…“. Meine Antwort könnt Ihr unten lesen.

Birgit Rydlewski, ich bin ein wenig verwirrt. Du schreibst „Meine Gedanken“ und der Link geht zu einem Artikel von „Bastian“. Aber vielleicht verstehe ich das falsch – egal. 😉

Erst mal, ich mag die Ausführungen von Gunter Dueck (Dieser Artikel ist hier gemeint) . Jetzt kommt das AberProblem/Aufhänger: Für Tätigkeiten, die nicht automatisierbar sind, gibt es „immer höhere Anforderungen“ als Ansatz ist mir etwas unzureichend.
Worin bestehen diese Anforderungen und was ist nicht automatisierbar?
Aber gehen wir mal von der Richtigkeit des Ansatzes aus und begeben uns zur Vernetzung und in die „Tiefe der Wissensgesellschaft“.
Dort finden wir nämlich m.E. nach das Problem. Gespeichertes, sofort verfügbares Wissen und die Möglichkeit der Vernetzung (von Menschen und Wissen), gekoppelt mit mangelnden Grundlagen der Verarbeitung. Technisch gesehen macht der Lehrer der weiterführenden Schule oder der Dozent an der Universität teilweise den Versuch, mit einem PC mit DOS3 und Windows1 ins Internet zu gehen. Es fehlen einfach die Grundlagen.
Da wäre das Lesen und Schreiben, nicht als Tätigkeit als solche, sondern als die Voraussetzung zur Erfassung komplexer Texte. Zu dem Komplex gehört auch die Beschäftigung mit der Literatur. Auch die ungeliebten Klassiker befähigen uns, vorausgesetzt wir sind der vorstehenden Grundfähigkeiten mächtig, eben die Komplexität von Sprache zu erfassen und damit umzugehen.
So weit zur Sprache, gehört natürlich mehr dazu.
Grundfertigkeiten in der Mathematik sind ebenso wichtig. Diese muss ich nämlich beherrschen um das Ergebnis welches mir der Computer auswirft zu verstehen und zu interpretieren.
Ich will die Liste nicht weiter fortführen, aber nun denken wir an die geschilderte Diskussion über das Geld.
Kann es sein, dass die Schüler, schlicht und ergreifend, auf Grund der mangelnden Grundfähigkeiten, nicht in der Lage waren die Komplexität des Themas zu erfassen und sie deshalb auch nicht in der Lage waren eine Präsentation zu erarbeiten?

Sind die Grundlagen da, dann können wir an dem Professional mit allen genannten Fähigkeiten arbeiten.

Wobei, was ist heute ein „Professional“?
Das alte Bild des „Spezialisten“ trifft es ja nicht mehr. Eigentlich wollen wir ja einen „Universalgelehrten“ neuen Typs, mit gewissen Einschränkungen.
Ich verweise hier mal auf die Ausführungen von Andre Gorz zur Austauschbarkeit des Spezialisten. Der Spezialist ist, in Kurzfassung, nicht mehr z.B. Manager in der Lederwarenbranche, er ist Spezialist Management und somit auch befähigt z.B. im Bestattungswesen diese Arbeit auszuüben.
Das Werkzeug Management hat er also „studiert“ und die neue Branche kann er „begreifen“, weil er die grundlegenden Fähigkeiten des Erfassens der Problemstellung hat.

Noch kurz zur Frage: Wie aber kann uns das Internet überhaupt in der Bildung helfen?
Gar nicht, wenn die grundlegenden Fähigkeiten fehlen.
Sind diese vorhanden, dann kann der „werdende Professional“ lernen die ihm dort angebotene Informationsfülle zu bewerten und mit diesen Informationen zu arbeiten.