Paralleluniversen und Zwillingsparadox

Ich bin ein Anhänger der Theorie, dass es unendlich viele Paralleluniversen gibt. Die sehen aus wie mein Universum,  sie existieren aber auf der Basis, dass andere Möglichkeiten genutzt und dadurch andere Wahrheiten geschaffen werden. Somit gibt es leichte Abwandlungen zu meinem Universum.

Den Beweis sehe ich vor mir, wenn ich den aBPT in Halle/Saale und den aBPT in Halle/Twitter* vergleiche.

Mehrere Beispiele seien hier genannt. Als Quelle dient mir mein Live-Blog (die vorhergehenden vier Artikel), die von dem aBPT in meinem Universum berichten.

In meinem Universum gab es Wahlen mit eindeutigen Mehrheitsentscheidungen. So wurde Stefan Körner mit 62,05% der Stimmen zum Vorsitzenden der Piratenpartei gewählt und diesem Wahlergebnis wurde applaudiert. Eine komfortable Mehrheit mit nur 37,95% Gegenstimmen, sollte man meinen. In einigen Paralleluniversen sieht das anders aus. In diesen wählte ihn nur eine Minderheit – das offizielle Wahlergebnis war wohl eine intergalaktische Verschwörung über die Grenzen der Universen hinaus.

In denselben Paralleluniversen hielt Christopher Lauer   eine bahnbrechende oder wichtige oder geile Rede. In meinem Universum hielt er die von mir beschriebene Rede.

In meinen Universum herrschte eine gute und konstruktive Stimmung, in Paralleluniversen wurde bedroht und gedroht. Für mein Universum kann ich allerdings nur für den Samstag sprechen, den Sonntag musste ich leider ausfallen lassen.

Die digitalen Zwillinge, ich spreche hier ausdrücklich nicht von den bekannten Zwillingsbrüdern, haben in diesen Universen verschiedene Wahrscheinlichkeiten, Wahrheiten und Möglichkeiten – und sie nutzen diese.

Da ich oben von Mehrheiten geredet habe, fällt mir doch ein passendes Zitat von Florian Bokor (das ist einer der realen Zwillinge die ich oben nicht meinte 🙂 ) ein:

Der Teil unserer Partei, der sich konsequent weigert ein Geschichtsbuch zu lesen, eine politische Theorie zu reflektieren, die er sich nicht selbst gemalt hat oder nur den Arsch in der Hose hat, einen GO Antrag zu stellen mit dem ihm deutlich vorgeführt würde, dass er eben nicht die Mehrheit ist.

Diese bemerkenswerten Worte schrieb er nach dem Bundesparteitag im Dezember 2013 in Bremen (Flaggengate). Damit hatte er Recht; Man sollte diese Worte in Stein meißeln.

Ob nun in diesem oder jenem Universum, es bleibt eine Frage der innerparteilichen Demokratie, dass man Mehrheitsentscheidungen akzeptieren muss. Oder man stellt eben einen GO Antrag (s.o.).

Ich gestehe, ich habe Stefan Körner nicht gewählt. Ich werde aber mit ihm als Bundesvorsitzendem weiter machen. In meinem Universum gibt es Piraten und andere. Da halte ich es mit den Worten von Kristos Thingilouthis, unserem neu gewählten politischen Geschäftsführer:

Wenn wir etwas können, dann ist es bashen. Darin sind wir Weltmeister. Wenn wir das mal gegen die anderen richten…“**

kackeAbschließend noch eine Bemerkung. Ein Paralleluniversum war auch der Raucherplatz, dort fielen die Worte: „Ich bin diesmal nicht hier um zu arbeiten, sondern um zu saufen und zu pöbeln.“ Da fällt mir nur ein T-Shirt ein welches, natürlich mit menschlichem Inhalt gefüllt :-), gerade vorbeilief.

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* Halle/Twitter steht hier stellvertretend für die verschiedensten digitalen Medien.

**Anmerkung: Das „Zitat“ ist evt. nicht ganz wörtlich wiedergegeben – ich habe versucht live mitzuschreiben, da kann es Abweichungen geben.

Ein Erlebnis der besonderen Art,

ist der Parteitag der Piraten in Halle auf jeden Fall. Die Besonderheit, dass ein ordentlicher Bundesparteitag (BPT) eröffnet wird, sofort wieder in Pause geschickt wird und mit einem außerordentlichen Bundesparteitag (aBPT) fortgesetzt wird, erschließt sich nur dem Insider. Der Grund ist natürlich der Rücktritt des halben Bundesvorstands im März 2014.

Es ist der erste Parteitag der Piratenpartei an dem ich teilnehme und entsprechend gespannt bin ich auf den Ablauf. Das Prozedere erscheint mir kompliziert genug, so wird erst über eine Tagesordnung zum BPT abgestimmt – diese muss wiederholt werden, weil juristische Einsprüche gegen den Verlauf der Abstimmung erhoben werden. Wichtig genug ist das, weil allein durch eine ungültige Abstimmung letztendlich sämtliche Parteitagsbeschlüsse ungültig wären.

Ansonsten ist mein erster Eindruck mit liebenswert chaotisch zu beschreiben. So ist der Beamer für die Tagesordnung und andere abzustimmende Dokumente nicht funktionsfähig, was zu Widersprüchen von Mitgliedern führt. Wir sind ja die technik-affine Partei, da kann man das schon witzig sehen. Die Versammlung sah es jedenfalls locker. Ein Versammlungsleiter mit einem Baby im Tragegurt vor dem Bauch wäre ja in keiner anderen Partei vorstellbar.

Persönliches Kennenlernen von digitalen Kontakten steht für mich an erster Stelle, neben der normalen Parteitagsarbeit. Man staunt, wie diese digitalen Kontakte als normale Menschen aussehen und sprechen. Es war aber bisher keine unangenehme Überraschung.

Der Ablauf schleicht etwas vor sich hin, nach Beschluss über die Tagesordnung, Wahl der Versammlungs- und Wahlleitung folgte die Aufstellung der Kandidatenliste, die sich über eine Stunde hinzog. Jetzt läuft die Vorstellung der Kandidaten für das Amt des Bundesvorsitzenden. 3 min Vorstellungsrede für jeden Kandidaten und dann Fragen. Erste Rede Wolfgang Dudda – kurz, knackig und überzeugend – ohne großes Pathos. Kommt rüber als Macher. Jetzt Florian Andre Unterburger, mehr polemisch und politisch und pathetisch. Die Fragen kommen mir zu Teil vorbereitet vor, ohne richtigen Bezug zum Kandidaten – austauschbar. Während ich das schreibe steht schon Matthias Zehe auf dem Podium. Ein gestandener Parteifunktionär (bitte Begriff nicht negativ werten) mit einer technokratischen Rede über die Finanzen der Piratenpartei. Keine Visionen und Emotionen – bisher m.E. nach die schlechteste Rede – sorry. Die Versammlung will ihn auch nicht befragen. Stefan Körner jetzt, der von seinen Anhängern mit Beifall begrüßt wird, als Erster. Pathetisch, geübter Redner – packt das Publikum, teils mit witzigen Einlagen „teilweise desolater Zustand der Partei“, wird mit Beifall belohnt. Er spricht aus seiner Sicht als zukünftiger Vorsitzender – ohne Wenn und Aber. Er ist rhetorisch führend am Set, aber nicht unbedingt inhaltlich. Seine Vorstellung des Vetorechts innerhalb der Partei und des BuVo erinnert an Bundestag und Bundesrat. Er wird aber auch persönlich angegriffen – wehrt sich geschickt, nicht unbedingt glaubwürdig. Der erste Kandidat der eine zweite Fragerunde bekommt, scheinbar ist er beliebt bei seinen Anhängern sonst aber umstritten. Teilweise ausweichende oder sogar völlig daneben liegende Antworten, die er aber überzeugend vorträgt. Keine dritte Fragerunde, dafür die Nachricht, dass der kBuVo Bodo Thiesen die Mitgliedsrechte aberkannt hat (er steht auf der Kandidatenliste), die Juristen lassen ihn aber zu – müssen sich aber noch die Begründung erarbeiten. Franziska Jentsch hält eine junge Rede, mit Sitz- und StehplinklerInnen, Mateflaschen und Party. Durchaus witzig, spricht mich nicht besonders an, mag aber für andere durchaus gut sein. Kernaussage ist scheinbar Spass an der Politik. Die Versammlung will keine Fragerunde. Dennis Plagge beruft den Schicksalsparteitag, spricht gegen die Aufspaltung der Piratenpartei und betont nochmals den Methodenstreit der Peergroups. Entschuldigt sich für das Versagen des ehem. Parteispitze. Er zieht überraschend seien Kandidatur zurück und erklärt seine Unterstützung für Stefan Körner. Jetzt Bodo Thiesen, er spricht über Demokratie und Grundwerte. Angriffe gegen den kBuVo wegen geheimer Tagungen und Ausschluss der Basis. Akademisch schlechte Interpretation des „Denkt Selbst“ der Aufklärung. Auch er relativ unpathetisch und emotionslos.

Fazit der Vorstellung: Zwei Vorstellungsreden (nimmt man die Unterstütung durch Dennis Plagge als solche) für Stefan Körner. Ob sich das aufs Wahlergebnis auswirkt?

Sorry für evt. Tippfehler usw. aber es ist halt live.

Wenn man denkt es geht nicht schlimmer,

dann kommt die Vorbereitung des außerordentlichen Bundesparteitages (aBPT) der Piraten in Halle in die heiße Phase. Bei einigen der „Lautsprecher“ im 140-Zeichen-Modus brennen die Sicherungen durch und sämtliche Beißreflexe brechen sich Bahn.

Erinnern wir uns, warum der aBPT eigentlich notwendig wurde: Am 16. März 2014 trat der halbe Bundesvorstand der Piratenpartei zurück. Was ich von den Gründen des Rücktritts und dieser Art von Protest halte, ist hier uninteressant. Wichtig ist, dass ein kommissarischer Bundes Vorstand (kBuVo) die Arbeit übernahm und die Geschäfte der Piratenpartei in der Zeit der Europawahl und anderer Wahlen auf kommunaler Ebene leitete. Ich denke, dass die Jungs und Mädels des kBuVo lange genug Piraten sind und damals bereits wussten, dass sie für ihre Arbeit keinen Dank und keine Anerkennung erwarten können. In diesem Sinne stimmte der Landesvorstand NRW folgendem Antrag zu:

„Der LaVo NRW möge beschliessen, dass er sich ausdrücklich nicht an den Danksagungen für den scheidenden kBuVo auf dem aBPT in Halle beteiligt.“

Ich erspare es mir, die Begründung hier zu zitieren, nicht nur wegen der Orthographie und Ästhetik.

Ich muss die Mitglieder des kBuVo nicht lieben, aber sie haben meinen Dank verdient, weil sie die Geschäfte und somit auch in wichtigen Teilen die Piratenpartei am Laufen gehalten haben.

Also, dafür meinen Dank und meine Anerkennung!

An die beißwütigen Mitglieder eine Frage: Wer hat nach dem 16.3. seine Hilfe angeboten? Ich erinnere mich da eher an #keinHandschlag.

Ebenfalls in dieser heißen Phase wird selbstverständlich die Nazikeule vorsorglich herausgeholt.

Die Piratenpartei Duisburg hat eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie sich gegen die kategorische Ausgrenzung von gewählten Nazis im Stadtrat ausspricht. Der Wählerwille, so die Erklärung, spiegle sich in dem Wahlergebnis wider. Eine gemeinsame Abgrenzung gegen die rechten Parteien sei politisch unsouverän, weil die Grundwerte der übrigen Parteien dadurch nicht infrage stünden. Außerdem verschleiere der Duisburger Konsens die Ursachen für das Wahlergebnis. Als dritten Grund nennen die Piraten eine im Konsens formulierte Aufforderung an die Medien, auf Berichterstattung über die gewählten rechten Parteien zu verzichten, worin sie eine Verletzung des Pressekodexes und eine Absage an die freiheitlich-demokratische Ordnung sehen. Aus diesem Engagement für Demokratie in der Kommunalpolitik wird nun den Duisburger Piraten der Vorwurf gemacht, sie planen eine Zusammenarbeit mit den Nazis, und dieser Vorwurf wird aggressiv über die Medien verbreitet.

Von einer Zusammenarbeit mit den Nazis ist in der Pressemitteilung keine Rede – es ist die Rede von Demokratie. Wie soll man auch den Duisburger Konsens des Stadtrates verstehen, der einerseits mit dem Slogan beginnt „Wir sind alle Duisburg“ und andererseits fordert, einen Teil der Duisburger Bevölkerung, die Wähler der rechten Parteien, vom politischen Geschehen auszuschließen? Zum Ausschluss von uns nicht genehmen Teilen der Bevölkerung habe ich mich ausführlich geäußert. Über das Demokratieverständnis der Duisburger Piraten ist eine Diskussion angebracht, aber sie wird wie immer nicht geführt.

Abschließend wieder einmal meine Bitte: Schaltet mal Twitter ab, redet miteinander – in ganzen Sätzen und respektvoll.