Mir fehlt die Zeit und die Lust,

mich über alles aufzuregen was in der letzten Zeit so passiert ist.
Ob nun das „Schwarzer-Geld“ von Alice, die nackten Jungs von Edathy, das #Bombergate, die „Causa Schweiz“, der Friedrich-Rücktritt und was sonst so alles noch geschehen ist.
Obwohl, der Friedrich wird mir schon fehlen. Er war so eine gute Projektionsfläche für vieles was mir widerstrebt. Aber da kommt schon jemand anderes nach – ich bin mir sicher.
Was mich allerding absolut stört das ist die exzessive Beschäftigung mit diesen Themen die von den anstehenden Aufgaben ablenkt.
Was steht an?
Es stehen an Kommunal- und Europawahlen. Da gibt es einiges was wichtig ist.
Beim Kreisparteitag und der Aufstellungsversammlung der Piraten in Leipzig konnte ich leider (ja, ja die Arbeit) nicht dabei sein, aber es wurde eine tolle Crew aufgestellt. Ebenso wie bereits vorher für die Europawahl.
Was beschäftigt mich also jetzt?
Die Angst beschäftigt mich. Nicht, dass ich Angst hätte – nein es geht um die Angst als Propagandainstrument. Was stellen wir ihr entgegen?
Man kann jedes Thema der bevorstehenden Wahlkämpfe nehmen, es wird immer mit Angst behaftet sein. Ob es nun um „Arbeitnehmer-Freizügigkeit“ (was für ein Begriff), um den Bau einer Moschee, um Aufnahmeeinrichtungen für Bürgerkriegsflüchtlinge oder irgendein anderes Thema geht, die Argumentation der Gegner ist immer „Das ist gefährlich für euch und eure Lebensweise – Ihr müsst Angst davor haben!“.
Das Problem ist nun, wie reagiert man auf diese Argumentation?
Auf einen Slogan „Kinder statt Inder“ (ihr erinnert euch?) mit einem 20seitigen Positionspapier zu antworten oder Hohn und Spott auf Twitter auszuschütten bringt da nichts. Das ganze „digitale Zeugs“ ist da nicht hilfreich. Hier muss man in die analoge Welt abtauchen und mit jedem oder jeder einzelnen diskutieren. Ohne sofort den/die andere/n abzulehnen weil diese/r eine andere Meinung in die Diskussion einbringt.
Angst lässt sich mit kurzen und griffigen Slogans wecken, der Kampf gegen die Angst bedarf der Argumentation.
Das ist langwierig, manchmal möchte man mit der Faust reinhauen – aber es ist unverzichtbar.
Vielleicht habe ich mich mit meinen Artikeln zur Mitte der Gesellschaft und zum Erbe der Väter nicht richtig ausgedrückt. Aber wenn wir nicht auf diese Art gegen die Angst als bestimmendes Instrument des Wahlkampfes angehen, dann müssen wir wohl gehen und uns ein anderes Volk suchen.
Das wollen wir doch wohl nicht, oder?

Angst essen Seele auf*

oder Feuer mit Feuer bekämpfen könnte man diesen Wahlkampf als Symptom unserer Zeit definieren. Das ist ein Vorwurf den ich allen Beteiligten machen muss.

Die Einen füttern unsere Medien mit der Angst vor Terrorismus und Kriminalität. Somit befürworten sie die, natürlich gesetzlich geregelte, Überwachung des Bürgers. Sie verschweigen uns natürlich, dass wir somit unter Generalverdacht gestellt werden. Das Internet ist für sie der Tummelplatz für Terroristen, Pädophile, Perverse, Betrüger und viele andere schlechte Menschen.

Die Anderen schüren unsere Angst vor dieser Überwachung. Big Data, NSA-Affäre, PRISM und wie das alles heißt werden zu Synonymen für den Überwachungsstaat und 1984 als Vorlage für die Zukunft missdeutet.

Wo liegt nun die Wahrheit?

Wohl wie immer dazwischen.

Natürlich gibt es im Internet Betrüger, die gibt es aber auch im analogen Leben. Die Postkarten mit Einladungen zu Kaffeefahrten motivierten keinen deutschen Innenminister eine allgemeine anlasslose Postüberwachung zu fordern.

Kinderpornographie war allerdings, zumindest in den USA, schon ein Grund. Arbeitsgruppen des FBI verfolgten diese schon lange durch Überwachung der Post. Ebenso wie Geldwäsche und Drogenhandel.

Warum nun ein Vorwurf an beide Seiten?

Weil es immer um Angst geht!

Es geht nicht um Mut, nicht um „verantwortungsvoll damit umgehen“.

Angst ist destruktiv. Nehmen wir den Begriff „Big Data“ als Beispiel. Müssen wir davor Angst haben, oder vor dem Missbrauch?

Das für sich zu entscheiden erfordert Beschäftigung mit dem Thema**. Das Schüren von Angst fördert aber eher Resignation.

Von Beschäftigung mit dem Thema ist nun aber scheinbar gerade bei der Jugend*** nicht viel zu merken. Laut der Umfrage von Infratest Dimap (ohne diese überbewerten zu wollen) würden 36% CDU/CSU wählen. Das wirklich Erschütternde ist für mich aber, dass sich nur 23% als „stark politisch interessiert“ bezeichneten. Das gibt zu denken, genau dort liegt der Fehler.

„Demokratie erfordert Teilnahme!“ das habe ich bereits mehrfach geschrieben.

Das Schüren von Angst fördert aber Lethargie. Die Entscheidung zwischen Angst vor Terrorismus und Kriminalität und der Angst vor Überwachung ist zu einfach. Sie ist emotional, nicht rational. Sie fordert von beiden Seiten nur Eines „Wie kann ich die Gefahr besser darstellen?“.

Angst hat aber noch eine andere, vielleicht wahlentscheidende, Dimension. Die Angst vor der Veränderung, der Veränderung zum Schlechteren. Im Falle es gewinnen die Anderen, die Unbekannten.

Diese Angst ist aber unbegründet. Die Unbekannten werden nicht gewinnen, sie werden hoffentlich ins Parlament einziehen. Sie werden, wenn es nach mir geht, auf den Oppositionsbänken Platz nehmen und die Bekannten zwingen Farbe zu bekennen.

Es ist nur zu hoffen, dass sie die Chance bekommen ihre Ideen in die Parlaments- und somit in die Regierungsarbeit einzubringen.

Den Mut dazu haben sie. Vielleicht gibt es dann 2017 einen angstfreien Wahlkampf. Einen Wahlkampf mit informierten und motivierten Bürgern.

Also habt keine Angst vor den Unbekannten und dem Neuen. Habt lieber Mut etwas zu ändern.

* „Angst essen Seele auf“ den Titel habe ich geklaut. Der „Bildungsbürger“ kennt natürlich den gleichnamigen Film von Fassbinder.

** Ich meine bei Beschäftigung mit dem Thema die Beschäftigung gemäß dem Ideal der Aufklärung „sapere aude“, habe ich hier und in der Packungsbeilage schon beschrieben.

*** Das gilt natürlich nicht nur für die Jugend. Zur Allensbach Studie habe ich hier geschrieben.